Translokalitaet und die One World-Utopie

Wir bewegen uns die ganze Zeit. Unsere Bewegungen werden Formen, sie gestalten Wege, hinterlassen Spuren von unserer Vergangenheit und unserer Zukunft, sowie von unserer Anwesenheit und Endlichkeit. Europa ist selbst die Darstellung dieser Menschenbewegungen, ein lebendiges Register von den Spuren unseres Daseins. Aber das ist eine Illusion. Es wird oft leicht daher gesagt, dass die verschiedensten Orte der Welt dank des Internets erreichbar sind. Die Welt wird immer kleiner und verstaendlicher, heisst es. Unsere Bewegung von einem Ort zum anderen werden immer mehr zur Bewegung von einem Punkt auf der Welt zu einem anderen.

Die Folgen solcher Vernetzungen sind oft grausam, da es immer unwichtiger zu sein scheint, was der andere in einem anderen Kontext erlebt. Eine der konkreten Folgen ist die Neutralisierung des Endogenischen, besonders im Falle von aesthetischen Fragen. Kunst, Film, Literatur oder sogar irgendeine andere Art von handwerklicher Taetigkeit koennen von diesem Phaenomen betroffen sein. Gerardo Mosquera, der in New York angesiedelte kubanische Kurator und Kunsttheoretiker, war 1998 der Herausgeber von einer Anthologie, die sich mit diesem Thema auseinandersetzte.

Sie hiess >Adios Identidad: Arte y cultura en America Latina< und ist eine Sammlung von Essays, in der das Problem der Exotisierung der lateinamerikanischen Kunst behandelt wurde. Die Translokalitaet wird als einziger Weg angesehen, in Zeiten des politischen und oekonomischen Nomadismus eine kritische, auslaendische und effektive Perspektive zu erhalten. Ich moechte gern einen Absatz aus Mosqueras Essay >Suyo-Ajeno y Ajeno-Suyo< zitieren und ihn frei uebersetzen. >Der Fall der Berliner Mauer produzierte eine kartographische Restrukturierung, waehrend die Migrationsprozesse die ethnische-soziale Karte von jedem Land transformierten, vor allem von den maechtigsten […].

Diese Prozesse implizieren die Bewegungen von grossen Massen von Menschen zu den oekonomischen Zentren, wo die technischen und intellektuellen Eliten sich befinden. Aber es gibt eine andere Dimension der Migration, eine Art ruhigerer Migration, naemlich die, die keine Bewegung beinhaltet. Die wird von einer schnelleren [kulturellen] Reproduktionsgeschwindigkeit determiniert, die normalerweise die Gemeinschaften von Einwanderern in diesen Zentren haben<. [Gerardo Mosquera] Befinden wir uns in einer der Hauptstaedte einer ungreifbaren, sich immer wieder neu-erfindenen One-World? In welchen Zentren befinden wir uns? Sind diese Zentren dieselben Zentren, in denen unsere Besucher auch leben? Welche Ästhetik entsteht in diesem stummen Dialog?

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