Stoerung des Aquariumskitsches

>How cool will your widescreen TV look with our Caribbean Queen shark swimming in it!<, heisst das Angebot fuer den exklusiven >Shark Tank<, den es neben einigen anderen submarinen Ansichten als ideales Szenario fuer Breitbildfernseher auf DVD zu erwerben gibt. Die Verniedlichung des Unermesslichen im Aquarium, das lediglich die Illusion eines exotischen Miniatur-Ozeans schafft, birgt ein akutes Kitschpotential. Peter Weibels >TV-Aquarium [TV-Tod I]< von 1972 arbeitet mit eben jenem Motiv des Aquariums dem sentimentalen Blick auf eine harmonische Unterwasser- und Bildschirmwelt entgegen.

Dem Screensaver gleich, wird der TV-Apparat in ein Meditationsobjekt verwandelt. Das verfuehrerische Eintauchen des Blicks in die meditative Welt der Fische unterliegt aber schon bald einer drastischen Stoerung. Der Wasserspiegel sinkt abrupt ab. Die Fische beginnen sich hektisch zu bewegen, schliesslich zappeln sie am trockenen Boden um ihr Leben. Ein schriller Ton erklingt, die Programmzensur bewahrt die Fische vor ihrem Tod. >Ich haette die Fische bis zur Bewegungslosigkeit gefilmt, damit waere der Eindruck eines realen Todes im realen TV-Apparat in der realen Wohnung entstanden.

Diese bewusste Illusion haette erstmals als realer Tod geschockt, anders als die Nachrichtenbilder des Todes, die nur mehr als Illusion erscheinen<, meint Weibel selbst dazu. Sein >TV-Aquarium< zeigt die Gleichgueltigkeit des Mediums gegenueber seinem bewegten Inhalt auf. Es fuehrt zugleich die konstruierte und vergaengliche Bildlichkeit der Fernsehkiste vor. Wasser, Pflanzen und Fische re-natueralisieren sie. In der Ausstellung >unter Wasser/ueber Wasser. Vom Aquarium- zum Videobild< wird von der Aquarienkultur des 19. Jahrhunderts eine Bruecke zur heutigen Fotografie und Videokunst geschlagen. Wie sich der Sensationsaesthetik der Aquaristik trotzen laesst, machen dort weitere Werke sichtbar.

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