Stacheldraht am Strand

Das Kempinski in Heiligendamm – ein Edel-Gefaengnis? Fuer Hans-Dieter Schuett ist dies keine Frage. In der Wochenend- Ausgabe von Neues Deutschland weiss er zu berichten: Die Gaeste kommen nicht an, sie werden eingeliefert. Nicht oeffentlicher Raum wurde hier zerschnitten und abgeriegelt – es sind die scheinbaren Machthaber des Jetzigen, die hier im Zwischenlager isoliert werden. Die G8-Regenten wirken hinter Gittern wie Volksfeinde, usw. usf. Wie Recht er hat. Und doch: Was ist so besonders daran? Schuett scheint es nicht zu wissen.

Die Tatsache, dass Eliten sich abschotten und dabei immer staerker auf Architektur im Gefaengnis-Look zurueckgreifen, ist bekannt. Das bedeutet: Nicht nur die Armen leben im Gefaengnis, auch die Reichen tun dies. Wie lange werden letztere ihr einziges Privileg in sich tragen – das Gefuehl, diese Daseinsform frei gewaehlt zu haben? Der Protest muesste versuchen, das Verfallsdatum dieses Gefuehls vorzuverlegen. Allerdings scheint dies niemand wirklich durchdacht zu haben. Auch ist vergessen worden: Die G8-Sicherheitsmentalitaet spiegelt den Zeitgeist der Festungsurbanitaet.

Gestern Mauern in Innenstaedten [siehe Genua], heute Stacheldraht am Strand. Kein Zufall, immerhin werden Straende seit Jahren sowohl technologisch als auch psychologisch hochgeruestet. Im Zuge dessen sind sie ganz nebenbei zu Schlachtfeldern der Mobilitaet geworden: Touristen vs. Migranten. Die vermeintliche Gefahr droht von der See her. Dort muesste auch der Protest ansetzen. Mit Greenpeace- Schiffen, Boat-Peoplen und Heissluftballons. Friedliche Aktionen koennten jenes Zeichen aushebeln, das der G8-Gipfel in Heiligendamm setzt.

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