Charlotte Chronicles.20 [Bogotá Remix]

Die letzten zehn Tage verbrachte ich auf Reisen in Kolumbien und resuemierte am Ende dieser Zeit meinen Aufenthalt hinsichtlich Begegnungen mit deutschen Einfluessen oder Wurzeln. Solche gibt es in den verschiedensten Bereichen, zum Beispiel bei den Kuehen: Neben Zebus, die fuer Europaeer eher exotisch aussehen, sieht man auf den Feldern oder am Strassenrand haeufig auch die gleichen Kuehe, die einen auf einer deutschen Weide wiederkaeuend anstarren wuerden. Eine Anfrage bei meinen kolumbianischen Begleitern nach dem spanischen Namen wurde mit der durchaus unerwarteten Bezeichnung >Holstein< [sprich: >Holstihn< mit scharfem s] beantwortet.

Bei einer Silvesterfeier, die im >inneren Zirkel< von etwa 20 Personen einer kolumbianischen Familie begangen wurde, war ich die ersten zwei Stunden damit beschaeftigt, mir die Namen aller Anwesenden einzupraegen. Nach dem erfolgreichen Meistern der Grossmuetter, geriet ich bei den acht Onkeln und Tanten arg ins Schwitzen, weshalb ich nach einiger Zeit in meiner Verzweiflung dazu ueberging, auf einem kleinen Zettel einen Stammbaum anzulegen. Dabei lernte ich unter anderem, dass zwischen Blutsverwandtschaft und angeheirateten Verwandten unterschieden wird; man spricht in letzterem Fall von >politischen Onkeln< oder Tanten. Einer dieser Onkel wurde >Hermann< ausgesprochen, doch als ich von einer der unzaehligen Cousinen genealogische Hilfe beim Anfertigen des Stammbaums erhielt, stellte ich ueberrascht fest, dass er sich >Germán< schrieb. Weitere Nachfragen ergaben, dass dieser Name durchaus verbreitet ist und ich wage die These, dass es sich hierbei um das Erbe deutscher Einwanderer handelt.

Darueber hinaus begegneten mir einige deutsche Familiennamen in Gestalt von Firmenbezeichnungen. So trug auf den bergigen Strassen die Anden hinauf jeder zweite der LKWs, hinter denen man andauernd feststeckt, die Bezeichnung >Inca Fruehauf<. An anderer Stelle grinste mir ueber einem Stand ein Schweinekopf unter der Ueberschrift >Nacken< entgegen. Ein Blick auf die angebotenen Produkte bestaetigte, dass es dort keineswegs nur Schweinenacken gab, sondern dieses vermutlich ebenfalls der Familienname des Firmengruenders war. Zum Schluss noch ein kleiner Bonuswitz fuer diejenigen, die sich in der hannoverschen Bierszene etwas auskennen: In einem Feinkostladen fuer europaeische Importprodukte in Bogotá entdeckte ich >Lindener Spezial< in der Dose… Sie stand in einem Bierregal, welches sich zwischen dem Champagnerbereich und den hochwertigen Pasteten befand. Die Verkaeuferin schaute sehr interessiert, als ich nach einem kurzen Lachanfall die Dose fotografierte. Nachdem sie solch besondere Aufmerksamkeit erfahren hat, wird ihr bestimmt bald ein exponierter Platz im Schaufenster zuteil.

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.