Mein Musiker des Jahres

Ein Konzertbesuch, vor allem in klassischen Gefilden, kann zuweilen den Charakter einer musikwissenschaftlichen Vorlesung oder einer emotionalen Offenbarung annehmen, wenn Veranstalter, Komponist und Interpret das dringende Beduerfnis verspueren, erklaeren, begruenden, kommentieren zu muessen. Rettend in diesem Zusammenhang ist der Gedanke an ein Konzert von Bob Dylan. Bei ihm geht Zeit in Musik ueber und Worte werden, wenn ueberhaupt, nur fuer das Noetigste gebraucht – zur Begruessung, Vorstellung der Band und zur Verabschiedung. Am 24. Mai diesen Jahres wurde Dylan 65 Jahre alt. Aus diesem Anlass stellten WDR und BR Martin Scorseses >No Direction Home< vor, eine 225 Minuten waehrende Dokumentation ueber den Kuenstler.

Mit einer Fuelle von Archivaufnahmen und einem den Film begleitenden Interview zeichnet Scorsese Bob Dylans Werdegang nach: von den musikalischen Anfaengen bis zum Jahr 1966, als er sich fuer laengere Zeit aus der Oeffentlichkeit zurueckzog. Die Ausfuehrungen Dylans erlauben intime Blicke auf dessen musikalische Wurzeln, seine Art und Weise zu arbeiten und, eine Quintessenz des Films, auf das Problem, welches entsteht, wenn es nicht mehr nur noch einfach um Musik geht: Der Kuenstler und das Publikum, die Medien, die >Interpreten<; die Kunst und die Politik. Gerade diese Beziehungen werden von dem Hollywood-Regisseur eingehend thematisiert und kulminieren in den Interviews mit der Presse. Analyse, Interpretation, Gespraeche - liesse man Musik einmal Musik sein, haette man manchmal weit mehr davon. Was soll man schliesslich sagen, wenn man nach den >surrealen Botschaften< seiner Songs gefragt wird?

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