Mein Homie Picasso

In der Glotze laeuft ein altes Grafittivideo aus Berlin. Es werden krasse Aktionen gezeigt, von einfachen Bombings und Throw-Ups bis hinzu Wholetrains ist alles dabei. Es faengt wieder an, dieses Kribbeln in den Fingern. Ich schnappe mir meinen Rucksack, knips den Fernseher aus und mach mich auf den Weg, um mich mit ein paar Dosen einzudecken. Wieder zu Hause schmeiss ich ein Oldschool-Tape rein und mach noch ein paar einfache Skizzen. Die Dosen werden abgewischt [wegen den Fingerprints] und zusammen mit Handschuhen, Tuch und Kamera verstaut. Jetzt heisst es: Warten bis es dunkel wird.

Es ist tiefschwarze Nacht. Die Strassenlaterne flackert so nervoes wie meine rechte Hand, die gerade auf das Cap drueckt. Das Andrenalin schiesst mir in den Koerper. Ich beende meinen Tag, packe die Dose wieder ein und ziehe weiter zum naechsten Spot. Immer wieder steigt mir der Geruch von Farbe in die Nase, ich inhaliere tief. Als meine Farben sich dem Ende neigen, beschliesse ich, mein Werk zu beenden und den Heimweg anzutreten. Zu Hause lege ich mich erschoepft auf mein Bett und scanne noch ein bisschen in einem Buch ueber >Street-Art< von Julia Reinecke.

Beim Lesen checke ich, dass das was ich da grad gemacht hab, Kunst ist. Fuer den einen mag Street-Art in Verbindung mit Graffiti nur Vandalismus sein, fuer den anderen ist es die Moeglichkeit als Normalbuerger den oeffentlichen Raum mitzugestalten. Denn zur Street-Art zaehlen nicht nur Graffiti sondern auch Pochoirs, Kreidezeichnungen oder auch das Bekleben von Objekten mit Stickern. Julia Reineckes Buch zeigt, was Street Art alles sein kann und inspiriert bestimmt den ein oder anderen Kuenstler/Aktivisten. Vielleicht schenk ich das Buch meiner Ma zum Geburtstag, damit auch die endlich checkt, dass ich eher der neue Picasso bin, als der naechste Schwerverbrecher.

3 Kommentare zu “Mein Homie Picasso

  1. Hey! I used to spray a lot too but it’s just not this appealing anymore, dont u think? Here in LA the cops are just so much after u – its like hell. sry i dont write in german. but i liked your text very well! keep it real!

  2. Streetart ja, aber für wen ?

    Die Frage, die sich doch aber der Künstler stellen sollte, lautet: Wer will meine Kunst sehen? Ich bin absolut davon überzeugt, dass im Mittelpunkt, des nach außen sinnlos wirkenden “Gekritzels” eine Botschaft steht unabhängig vom Niveau der gestalterischen Umsetzung. Dennoch sollte sich der kleine Picasso mit der Resonanz der Allgemeinheit -der Öffentlichkeit- bezüglich seines Meisterwerks auseinandersetzen. Dabei stellt er vielleicht fest, dass sich zwar viele Menschen in gewisser Weise mit seiner Kunst identifizieren können, aber noch mehr Menschen, die ebenso Eigentümer des öffentlichen Raumes sind, diese als abstoßend empfinden. Deshalb muss man Picasso einfach auch eine ganze Portion Egoismus unterstellen. Genau aus diesem Grunde stehe ich dieser Streetart auch etwas ablehnend gegenüber, wenn auch einige wirkliche Kunstwerke darunter sind. Ich möchte keine Diskussion über den Sinn oder Unsinn von Grafitti entfachen, aber kritisch hinterfragen sollte man diese Art der Kunst -denn das ist sie zweifellos – Kunst.

  3. Naja, aber was ist egoistisch daran, sich den öffentlichen Raum anzueignen. Die ganze Stadt ist voll von trashiger Werbung und hässlichen Plakaten, aber weil dafür gezahlt wird, stört sich niemand daran. Als Stadtbürgerin nehme ich jede Häuserwand wahr und wenn irgendein Yuppie sich entscheidet, alle Häuserwände hier in P-Berg in Lachsfarbe zu streichen, dann kommt mir das Kotzen. Da kann man sich doch nur gegen wehren, indem man das ändert. Wer die Grafitti und Pochoirs etc. abstoßend findet, der kann sie doch übermalen, überkleben, irgendwas machen und sich nicht nur beschweren… oder?

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