Therapie für Massen? Feindbild-Propaganda, kaum beachtete Demonstrationen und alternative Medien

Der aktuelle Konflikt in der Ukraine hat in Deutschland kontroverse Diskussionen über die Berichterstattung der Mainstream-Medien entfacht. Kulturphilosophin, Soziologin und Berliner Gazette-Autorin Yana Milev über Feindbildpropaganda am Beispiel Wladimir Putins, Trends in den Medien und wenig beachtete Großdemonstrationen.

*

Mit Bernd Ulrichs Artikel „Wie Putin spaltet“ erschien kürzlich ein weiterer Beitrag, welcher den anwachsenden Graben zwischen Lesermeinung und offizieller Medienmeinung im Fall der Krim- und Ukraine-Krise, öffentlich thematisiert.

“Putin ist Urheber einer Spaltung”

In seinem Artikel benennt Bernd Ulrich die Spaltung zwischen aufgebrachter Menge, die sich gegen einen medialisierten Feindbildpropagandakonsum zur Wehr setzt und den Medien selbst und geht der Frage nach, wie das in Deutschland geschehen kann. Die Headline verkündet zunächst, analog zum derzeitigen Trend in allen offiziellen Medien, eine weitere Bemühung des Feindbildes: Putin ist Urheber einer Spaltung.

Liest man weiter, kann in der Headline das Anliegen einer Hinterfragung erfasst werden, die sich einer tendenziell kritischen Sicht verpflichtet fühlt. Das Anliegen geht zunächst von seiner persönlichen Betroffenheit und Irritation aus und mündet in eine Retrospektive der Deutschlandpolitik der letzten 13 Jahre, wo Ulrich die Ursachen für die Spaltungsbereitschaft zwischen Bürgern und Medienpolitik zu sehen glaubt.

Liest man zu Ende, schließt sich der Kreis zur Headline „Wie Putin spaltet“, denn Ulrich attestiert eine dem Westen und Europa inhärente historische Spaltung: der Westen ist bereits gespalten, zwischen USA und der EU und Europa ist bereits gespalten trotz EU. Deshalb vermag „Putin“ die Spaltung zwischen Medien und Meinungen zu vollenden.

Zur Lage

Aufgefallen sind mir Gegenkommentare zur aktuellen Anti-Russland-Propaganda etwa seit Mitte März. Diese Gegenstimmen melden sich vereinzelt, dennoch wirksam, da sie sich in eben den selben Leitmedien einen Meinungs-Raum erkämpfen, der vorwiegend mit dem Meinungsraum der Leserstimmen auf den Blogs und den Meinungen auf der Straße korrespondiert.

Es war genau genommen am 19. März, als Hannah Beitzer in die Süddeutsche.de mit ihrem Artikel „Blick aus der Blase“ die einseitige Berichterstattung der deutschen Leitmedien kritisierte. Diese Kritik unterschied sich in sofern von den Kommentaren namhafter deutscher Politiker und Journalisten wie Helmut Schmidt, Peter Scholl-Latour, Willy Wimmer, Andreas von Bülow, Jens Jessen und anderen, die sich über die EU-Politik gegen Russland empören, über den EU-Alleingang mit der NATO-Allianz an Russland vorbei, die im Assoziierungsabkommen mit der Ukraine ein gewinnbringendes Geschäft sieht, weil die sich irgendwie nicht so leicht in die Ecke der „Russland- und Putinversteher“ stellen ließ, denn es war eine direkte Kritik am aktuellen Medientrend!

Eine Kritik an der schablonenhaften und ungeprüften Wiederholung von Klischees, am Wiederkäuen von Halbwissen und Halbwahrheiten, an populistischen Hetzen und Stimmungsmacherei, sowie an einer einseitigen Parteinahme für die Opposition in der Ukraine.

Pornografisierung und Entwertung Wladimir Putins

Der transatlantisch gesteuerten Kriegstreiberei seit etwa Anfang des Jahres gegen Russland und Putin, ging eine systematische Entwertung Wladimir Putins und Russlands voraus. Die Medien vergriffen sich energisch und wie auf Kommando allesamt unterhalb der rhetorischen Gürtellinien und im Stil des Bild- und Playboyformats.

Süffisant wurde Putin pornografisiert, zur Anti-Stilikone des guten Geschmacks gekürt und mit bizarren Attributen zwischen Goldkettchenträger, Nacktreiter, Ex-KGB-General, Verfolger von Homosexuellen, Großwildjäger, Zuhältertyp, Irrer und Despot in einer Linie mit Stalin und Breshnew, inszeniert.

Hillary Clinton gab dem Ganzen noch das Sahnehäubchen und schrie Putin zum Hitler aus, worauf der Spiegel gleich antwortete: „Putin, der Brandstifter“. Wenn es nicht dramatisch wäre, wäre es lustig, wozu sich deutsche Medien hinreisen lassen.

Es wäre lustig, wenn es nicht so traurig wäre

Aber es ist nicht lustig, denn die Psychopathie, die dem mediokratischen Ideologietrend inne wohnt ist beängstigend. Am 24. März entdecke ich eine weitere kritische Gegenmeinung, von keinem Geringeren als von Jakob Augstein auf Spiegel-Online, der in seiner Kolumne „Das falsche Feindbild“ auf die Koinzidenz von Feindbildpropaganda und Psychopathie verweist:

„Und bei uns betreiben die beiden Ostdeutschen Merkel und Gauck ihre Russlandpolitik mit solchem Widerwillen, als nutzten sie das Amt zur privaten Traumatherapie.“ Wir kennen das bereits aus der deutschen Geschichte, dass eine derartige Koinzidenz zu schwerwiegenden politischen, menschenrechtlichen und gesellschaftlichen Unfällen geführt hat.

Der Artikel von Augstein erledigt zwei Dinge zugleich: er kritisiert und er rehabilitiert kurzfristig alle in die Ecke gestellten Denker und Politiker, die als „Putin- und Russlandversteher“ von den Medien ebenso angeschwärzt werden, wie das Feindbild selbst. Zum Medienabstieg in die Niederungen der Bild- und Playboyrhetorik gesellt sich massiv ein deutlicher Antiintellektualismus.

Medial ungeachtete Montagsdemonstrationen

Seit Montag dem 17.03.2014 gehen die Bürger wieder auf die Strasse, aus Protest gegen die Kriegstreiberei und Feindbildpropaganda in den deutschen Leitmedien, explizit Russland und Präsident Putin betreffend und als Schritt auf Gleichgesinnte zu, mit denen ein ungefilterter Informationsaustausch stattfinden kann, an den Mainstreammedien vorbei.

Mittlerweile, also nach einem Monat finden diese Montagsdemos, auch „Mahnwachen für den Frieden“ genannt, in 40 Städten statt. Auf der 6. Mahnwache in Berlin letzten Montag den 21. April, kamen etwa 5000 Menschen zusammen.

Gleichzeitig findet dieses Gegenereignis keinen Zugang in der Berichterstattung der „offiziellen“ Medien. Was passiert hier? Vereinzelte Gegenstimmen in den Medien und rasant anwachsende, sich selbst organisierende Bürgerinitiativen schaffen Gegenräume zu den Propagandaräumen der offiziellen Medien, die sich immer noch beharrlich weigern, ein objektives Situationsbild der Weltereignisse in Deutschland zu präsentieren.

Alternative Medien bieten zunehmend Kontra

Offensichtlich bleibt eine transatlantische Meinungsdoktrin, die umso auffälliger wird, um so massiver die empörten und protestierenden Lesermeinungen auf den Online-Blogs der Online-Medien wie u.a. Spiegel-Online, N24-Online, Die Zeit-Online, oder auf Facebook unmissverständlich deutlich werden.

Die beunruhigende Situation in der aktuellen Medienlandschaft in Deutschland provoziert unentwegt die Frage, warum die Mainstreammedien keiner objektiven Berichterstattung nachgehen und warum, wenn es doch eine Meinungsfreiheit in diesem Land gibt, eine Informationsgleichschaltung unübersehbar ist?

In den letzten Wochen sind alternative Medien aktiv in Erscheinung getreten, wie Ken FM, Mensch TV, Klagemauer TV, oder zahlreiche Seiten und Gruppen auf Facebook, sowie Blogs wie Menschenrechte.eu, PI/Political InCorrect, Zeiten+Schrift.com, derunbequeme.blogspot.de, u.a., die den Mainstreammedien ein ernst zunehmendes Kontra bieten und somit weiteren kriegstreibenden Dynamiken vorbeugen.

Anm.d.Red.: Dieser Beitrag ist der erste Teil einer dreiteiligen Serie. Weitere Teile erscheinen in den kommenden Tagen.

2 Kommentare zu “Therapie für Massen? Feindbild-Propaganda, kaum beachtete Demonstrationen und alternative Medien

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.