Io…eh…Germania…eh…retour…heim…verstehen?

Tourismusdeutsch – dieser Begriff triggert zahlreiche Assoziationen und bietet daher aufschlussreiche Einsichten. Ueber den Zusammenhang von Deutsch und Tourismus. Oder besser noch: ueber >unsere< Gesellschaft. Da waeren zunaechst handliche Woerterbuecher im Reisefuehrerformat. Wie macht sich ein Tourist in der BRD verstaendlich? Mit welchen Worten kauft er eine Stecknadel auf dem Oktoberfest, was sagt er, wenn er eine Weisswurst will? Langenscheit etwa, hat dazu zahlreiche Praxiswoerterbucher auf den Markt gebracht, die auch fuer deutsche Touristen im Ausland funktionieren sollten. Wie praxisbezogen jene tatsaechlich jedoch sind, duerfte all jenen fragwuerdig erscheinen, die [a] selbst viel reisen oder [b] im Kino >Man spricht Deutsch< gesehen haben. Darin spricht etwa der italienische Kioskbesitzer Gian Carlo Tourismusdeutsch mit einem deutschen Urlauber: >Is sie immer noch aha. Geht nicht die Klo?< Doch auch umgekehrt sprechen die Urlauber Tourismusdeutsch mit ihren Gastgebern: >Io…eh… Germania… eh… retour… heim… verstehen?< oder >Nein, thank you, wirklich nix…no, no, nix brauchen! Ich nix kaufen! No money, last day, der letzte Tag…< Was fehlt den Sprechern in solchen Momenten? Woerterbuecher, die dem Strandgebrauch der deutschen Sprache angepasst sind? Oder ein paar Unterrichtseinheiten in der deutschen Sprache? Letzteres sagen viele Strippenzieher im internationalen Tourismusmarkt. Vergessen wir nicht: Deutschland ist Reiseweltmeister! Entwicklungen, auf die sich mittlerweile auch so ehrwuerdige Institutionen wie das Goethe Institut eingestellt haben. So hat der Bedarf der Tourismusindustrie an Deutschkenntnissen im weltweiten Netzwerk der Goethe Institute - mehr als 140 gibt es weltweit – einen regelrechten Boom an Kursangeboten in Tourismusdeutsch nach sich gezogen. Deutsch lernen ist hier engstens verknuepft mit dem Wunsch Reiseverkehrkaufmann/frau, Reiseleiter oder Hotelmanager zu werden. Und wer dabei >exotisch< bleiben will, macht gelegentlich absichtlich Sprachfehler. Frei nach dem Motto: Der Kunde ist Koenig. Sowas will selbstverstaendlich einstudiert sein. Und zwar so taeuschend echt wie moeglich. Wie alles andere auch im Tourismus.

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