Herr P. bereitet sich vor

Als Herr P. starb, laeuteten keine Glocken. Keiner stand an seinem Bett, hielt ihm die Hand oder betete fuer ihn. Herr P. war einer von denen, die man als einsam bezeichnen koennte. Er starb einsam, aber gluecklich, denn er bereitete niemandem Kummer durch seinen Tod. Damit er auch danach keinem zur Last falle, hatte er am letzten Tag seines Lebens viel zu tun. Er stand frueh auf, wusch sich rasch von oben bis unten, und ausnahmsweise auch hinter den Ohren. Er zog seinen besten Anzug an, den er unter einer luftdichten Schutzfolie in der Speisekammer hinter den Kartoffeln aufbewahrte. Sollte ein Dieb seine Wohnung aufsuchen, war der feine Anzug das letzte, was dem Verbrecher in die Haende fiel. Herr P. war ein Vorsorge-Mann, einer, der auf alles und jeden vorbereitet war.

Zunaechst buk Herr P. einen Kuchen. Darin hatte er zwar keinerlei Erfahrung, doch es lag ihm viel daran. Nachdem er die Buttercremefeigentorte kalt gestellt hatte, machte er sich an die Gardinen. Stueck fuer Stueck nahm er die grauen, ehemals weissen, Vorhaenge ab und legte sie sorgfaeltig zusammen. Dann ging er in die Kueche, oeffnete den Werkzeugkasten und reparierte endlich den tropfenden Wasserhahn. Welch eine Ruhe. Mittags ging er auf seinen Balkon und pflueckte die letzten Blueten des Sommers. Dann schrieb er die Karte, die er schon Tage zuvor in einem Schreibwarenladen erstanden hatte.

Herr P. ging ins Bad und kaemmte sich das Haar, ein akkurater Seitenscheitel war das mindeste, was er den Leichenpraeparatoren schuldete. Er stellte alles bereit. Ohne sich auszuziehen legte sich Herr P. in die Badewanne, denn er wusste, dass man nach dem Tod die Kontrolle ueber seine Koerperfluessigkeiten verliert. Dann rief er an und wartete. Als sie kamen, war er bereits tot. Auf der Waschmaschine stand ein Strauss Blumen, eine Buttercremefeigentorte und dazu eine Postkarte mit einem Foto des Koelner Doms darauf: >Ich hoffe, ich mache Ihnen keine Umstaende. Ihr Herr P.<