Hauptweg und Nebenwege

Vierzig Minuten fuer Berggruen, das koennte knapp werden. Dann ist Mitternacht und der Beitrag muss erscheinen. Also jetzt ohne grosse Umschweife. Heinz Berggruen, der grosse Kunstsammler und Maezen, ist tot. Berlin verdankt ihm eine bedeutende Sammlung der Klassischen Moderne – Werke von Matisse, Braque und Klee bis hin zu Picasso. Zudem zahlreiche Giacomettis. In seiner Autobiografie >Hauptweg und Nebenwege< bezeichnete sich Berggruen selbst als >Jaeger<. Einmal vom Jagdinstinkt getrieben, setzte er alles daran, ein bestimmtes Werk zu erwerben.

Berggruens Sammlung ist seit gut elf Jahren im Charlottenburger Stueler-Bau zu sehen. Der Betrachter wird spielerisch an das Werk eines Matisse oder Picasso herangefuehrt, die Vielzahl der versammelten Bilder ermoeglichen Wiedererkennungserlebnisse. Ein fantastischer Audioguide sorgt fuer das Uebrige. Eine Linie wird erkennbar, die man bei gross angelegten Ausstellungen, bei denen jeweils nur zwei drei bedeutende Bilder eines Kuenstlers praesentiert werden, vermisst. Die Atmosphaere im Museum Berggruen ist angenehm, fast familiaer. Lange Zeit, bis zu seinem Rueckzug Ende letzten Jahres, war Berggruen selbst im Museum anzutreffen, wo er Besucher in Gespraeche ueber seine Bilder zu verwickeln suchte. Ein kleiner Mann, der trotz seines hohen Alters – er verstarb mit 93 – agil wirkte.

Als Berggruen nach ueber sechzig Jahren nach Berlin zurueckkehrte, war klar, dass er nicht privatieren wuerde. Die Nazis hatten ihn zur Flucht aus Deutschland gezwungen. Ueber die USA gelangte er schliesslich nach Paris, wo er in persoenlichem Kontakt zu Kuenstlern wie Matisse und Picasso stand. Die Pariser Kunstszene beschreibt der Sammler in seiner Autobiographie mit bissiger Ironie. Ein Jahrmarkt der Eitelkeiten. Berggruen war bis zuletzt publizistisch taetig und schrieb unter anderem Gastkolumnen fuer die FAZ. Auch dort glaenzte er mit einem Humor, der Berlinern meist abgesprochen wird. Die Stadt verliert damit nicht nur einen Ehrenbuerger und grossen Maezen, sondern zudem einen Humoristen, dem nur wenige das Wasser reichen konnten.

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.