Globalisierungskritik, wie weiter? Antwort #88

Wenn es um Globalisierung geht, ist das erste, woran ich denke >De-Territorialisierung<. Das haengt irgendwie mit den Umstaenden zusammen, unter denen ich aufgewachsen bin. Ich reiste und lebte seit der fruehen Kindheit in verschiedenen Laendern, was mir eine Art unbewusste Vorstellung davon vermittelte, dass verschiedene Realitaeten und generische Zustaende ein natuerlicher Teil des Lebens sind. Trotzdem ich den Begriff kannte, verstand ich die Ausmasse des Informationszeitalters in den Neunzigern erst vor zehn Jahren als einen klaren Durchbruch; ein Prozess der das Aufzwingen globaler Tendenzen vereinfacht, aber gleichzeitig die Staerkung kleinerer Einheiten und Einflusskreise ermoeglicht. Ein Prozess der auch voller Widersprueche und negativer Auswirkungen ist.

Meiner Meinung nach, ist das globale Dorf eines der interessantesten Konzepte, die mit Globalisierung einhergehen, weil es unterschiedlich ausgelegt werden kann. Zum Beispiel gibt es zwei Aspekte, die ich bei meiner Zusammenarbeit mit Dafne Berc und mit Architektur im Allgemeinen, fuer bedeutsam halte. Der erste haengt zusammen mit der fundamentalen Veraenderung vom Verstaendnis der Stadt als einen Organismus, in dem programmatische Aktivitaeten und ihre Zusammenhaenge wichtiger sind, als die urbane Struktur und der individuelle Wert ihrer architektonischen Bestandteile. Dicht und in die Hoehe gebaute >Stadtlandschaften< werden weder weiterhin als die wichtigsten Anbieter hoher Standards in der zeitgemaessen Lebensweise angesehen, noch ist die kritische Masse der gesellschaftlichen/programmatischen Wechselwirkung/Spannung die Hauptquelle des qualitativen staedtischen Lebens. Der zweite Aspekt hat zu tun mit einer verstaerkten Mobilitaet und, in erster Linie, mit der sozialen Komponente der Informationstechnologien, besonders des Internets. Fuer uns ist das virtuelle Schrumpfen des Raumes, der Menschen entfernter Orte zusammenfuehrt, nicht so interessant wie der virtuelle Raum der informativen und kritischen Anteilnahme bezueglich neuer Trends aller Art und Groessenordnung. Das Netz hat das Potenzial, ein Medium zu werden, das soziale und kulturelle Teilnahme ermoeglicht, wo Einzelne und Gruppen effektive Wege finden koennen, sich ihre Meinung zu bilden und zum Ausdruck zu bringen, ohne die Notwendigkeit technischer Unterstuetzung oder institutioneller Repraesentation, die sich daran anschliesst. [Anm. d. Red. Der Verfasser des Textes ist Architekt und hat zusammen mit Dafne Berc das Buch Tourism Disperion Camouflage herausgebracht.]

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