Globalisierungskritik, wie weiter? Antwort #84

Ein direktes Beispiel fuer mein Interesse an der Globalisierung, ist die Art und Weise, in der die zeitgenoessische Kunstwelt agiert: ein Multi-Staedte Netzwerk von Leuten welches, gleich nach Handel und den Nationalstaaten, eine Gemeinschaft bildet und einen stetigen kulturellen Austausch in Gang haelt. Dieser Austausch beruht fuer gewoehnlich eher auf Empfindlichkeiten und konkreten Interessen als auf abstrakten Identitaetsauffassungen. Das erste Mal habe ich den Begriff >globales Dorf< in den spaeten 1980er Jahren gehoert.

Ich hatte schon immer ein Problem mit dem Konstrukt Nationalstaat und so erinnere ich mich, ausgesprochen gluecklich ueber dieses Konzept gewesen zu sein, denn trotz der Abstraktheit fuehlte ich mit dem >globalen Dorf< meiner Realitaet und meiner Identitaet viel naeher. Ich denke nicht, dass sich meine Neigung zum >Global Village< mit der Zeit gross veraendert hat, aber ich habe verstanden, dass sich diese Neigung nicht auf das bezieht, was die meisten Menschen unter Globalisierung verstehen. Es ist das neoliberale Modell der Globalisierung, das Grenzen eher schafft als abbaut. Wie ich eingangs erwaehnte, ist die Funktionsweise der heutigen Kunstwelt einer der wenigen Raeume, in denen Globalisierung im wirklichen Sinne funktioniert. Die Kunstwelt ist ein beispielhaftes >Global Village<, denke ich. Meine Ausstellungen zum Beispiel sind dieses Jahr in Los Angeles, Mailand, Mexiko Stadt, Berlin und Santiago. Meine Arbeiten sind kontextorientiert und wenn ich an einem Werk arbeite, dann versuche ich so lokalbezogen zu denken, wie ich es im globalen Kontext tue. Es ist vielleicht noch interessant wenn ich erwaehne, dass ich mich ideologisch voll und ganz mit der Bewegung und dem Ausdruck Post-Globalisierung identifiziere. Wie schon gesagt, halte ich nicht viel von Grenzen und ich unterstuetze universelle Rechte und den freien Strom von Menschen und Kulturen. Des Weiteren teile ich die Kritik an dem heutigen Modell der neoliberalen Globalisierung, einem System mit Doppelmoral und Widerspruechen: Foerderung der Globalisierung wenn es um den Fluss von Kapital und Massenguetern geht, und Behinderung, wenn es um den Kulturaustausch von Voelkern geht. Auch im Zusammenhang von Imagepflege und Kunst zum Beispiel gibt es paradoxerweise Images in den Hauptstroemungen der Medien, die meistens etwas Gegensaetzliches beinhalten: die Aufrechterhaltung von sehr oberflaechlichen Zuegen der Identitaet und gleichzeitig die Ignoranz und Standardisierung gegenueber lokalen Besonderheiten. Das bringt mich zu der Frage, inwiefern meine Kunst diese Zusammenhaenge beruehrt: wenn ich Kunst mache, dann denke ich nicht in Agenden oder Bewegungen. Ich unterscheide schon sehr stark zwischen meiner Kunst und Aktivismus. Auf der anderen Seite denke ich doch, dass Kunst ein gutes Werkzeug fuer das Stimulieren von kritischen Gedanken und ein gutes Medium fuer soziale Kritik ist. Also teilweise arbeite ich Fragen der Bewegung in meine Kunst mit ein. [Anm.d.Red.: Der Verfasser dieses Beitrags ist Kuenstler und Professor in Mexiko Stadt und Los Angeles.]

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