Globalisierungskritik, wie weiter? Antwort #67

Mein Interesse an der Globalisierung hat viel mit Internationalismus und Anti-Imperialismus zu tun, sprich: mit der Moeglichkeit die globale Arbeiterklasse gegen die kapitalistische Ausbeutung zu vereinigen, besonders jetzt in der neo-liberalen Aera. Das globale Projekt ist per se ein internationalistisches Projekt, eines, das auf jene Bemuehungen vergangener Zeiten zurueckblickt, Einheit zwischen den Unterdrueckten auf der ganzen Welt herzustellen. Eine wahre globale Einheit kann am effektivsten dadurch erzielt werden, dass auf internationaler Ebene eine Einheit der Arbeiterklasse gestiftet wird. Derzeit befinden wir uns in einer neuen Phase dieses historischen Projekts.

Persoenliche Erfahrungen konnte ich in Kaempfen sammeln, die ich an der Seite und im Namen von Einwanderern in New York City gefuehrt habe, ausgehend davon, dass die Arbeitgeber den migrantischen Arbeitnehmern noch nicht einmal ein Mindesteinkommen ausgezahlt haben und sie zu den Bedingungen des Sweatshops haben arbeiten lassen, manchmal 72 oder sogar noch mehr Stunden pro Woche. Ich arbeite mit Arbeitervereinigungen an dem Vorhaben Wuerde fuer [alle] Arbeiter zu erstreiten. In diesem Kampf besteht das Prinzip darin, dass alle Arbeiter, unabhaengig von ihrer Herkunft oder ihrem Status, gleich behandelt werden sollten.

Dem Begriff global village bin ich erstmals im Zuge der zapatistischen Kaempfe in Chiapas begegnet. Die Idee des global village ruehrt von Solidargemeinschaften, die im Globalen Norden und im Globalen Sueden entstanden sind und entstehen, um die Kaempfe auf der ganzen Welt zu unterstuetzen. Der Terminus scheint von NGOs und Geschaeftswelt gekidnappt worden zu sein, die Solidaritaet aus einer Position der Dominanz zu erreichen trachten. Gleichzeitig taucht dieser Begriff in Hillary Clintons Buch, welches das global village aus der Perspektive der Unterdruecker auffaechert.

Ich sehe die Globalisierung in erster Linie als ein Phaenomen, das dem Kapitalismus dient und zwar auf Kosten der Unterdrueckten weltweit. NGOs stehe ich kritisch gegenueber. Sie tragen die Maske des sozialen Gewissens aber in vielen Faellen [nicht in allen] dienen sie der Foerderung des Imperialismus. Ich bin gegen jede Definition von Globalisierung, die aus den ungleichen Beziehungen des globalen Nordens und Suedens heraus entsteht.

Ich sehe die Globalisierung nicht im positiven Licht, schliesslich sehe ich diesen Prozess in erster Linie getrieben von korporativen und imperialistischen Interessen, statt von den Interessen der Weltmehrheit. Mein professionellen Wirkungskreis, die Universitaet, fungiert als Rekrutierungsstaette fuer das imperiale Projekt. Viele Fakultaeten sind infiltriert von Untergebenen und Funktionaeren, die von der korporativen Globalisierung profitieren. Sie unterstuetzten imperialistische Formen der Forschung, die zur Konsequenz haben, dass Menschen in unterschiedlichen Winkeln der Erde unterdrueckt und demuetigen.

Praktisch gesehen ist meine Forschung ueber Globalisierung auch ein Mittel, um globale Solidaritaeten zwischen der Arbeiterklasse und den Unterdrueckten der Welt zu foerdern. Mein aktuelles Projekt, Die Internationale Enzyklopaedie der Revolution und des Protestes von 1500 bis heute, ist ein 4000-Seiten-Werk mit Beitraegern aus der ganzen Welt. Das Projekt dokumentiert soziale Kaempfe gegen jede Art der organisierten Unterdrueckung. Was ist einzigartig an diesem Projekt? Es gibt ungefaehr 1000 Autoren aus der ganzen Welt, soziale Aufstaende kommentieren. Anders als vorherige Werke zu diesem Thema, haben wir versucht, so viele Wissenschaftler und Forscher wie moeglich zusammenzubringen.

Abgesehen davon, geht es in meiner Arbeit um Arbeiterkaempfe und die Formierung von Solidaritaet in den USA und der Welt. Ich habe mehrere Buecher ueber die Arbeiterkaempfe von Migranten verfasst. Ich selbst habe mich an einigen Aufstaenden von Migrantenarbeitern beteiligt, besonders hier in New York, wo ich lebe. Ich arbeite ausserdem an einem Buch, dass das weltweite Arbeitsmigrationsprojekt von multilateralen Organisationen und den USA, kritisiert. Dieses Buch dokumentiert die Anstrengung, die Arbeitsbedingungen zu verschlechtern, indem Auslaenderfeindlichkeit vorangetrieben wird. Meiner Ansicht nach ist Migranten-Arbeit ein fester Bestandteil des neoliberalen Kapitalismus und jede Anstrengung die Arbeiter aufzuspalten dient dazu, die Arbeitsbedingungen von allen zu verschlechtern.

[Anm.d.Red.: Der Verfasser dieses Beitrags ist Professor am Brooklyn College und Herausgeber der International Encyclopedia of Revolution and Protest: 1500 to Present]

2 Kommentare zu “Globalisierungskritik, wie weiter? Antwort #67

  1. Der Mann mag ja grundsätzlich wissen wovon er redet, aber ich frage mich auch immer, ob diese smarten Professoren auch begreifen, was sie da reden? Wenn ich Begriffe wie Solidarität mit den Arbeitern, Imperialismus etc. pp. lese, wird mir immer etwas schlecht. Drei mal die illegalen Arbeiter in den Docks besuchen und ab und an nach Mittelamerika, romantische Revolution? Sexy Sandinisten? Mhhh…
    Das ist alles ähnlich alte Schule und im Grunde genauso konservativ/reaktionär, wie abgewählte CSU Landtagsabgeordnete aus Deggendorf oder das liberale Gefasel irgendwelcher Neocons…

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