Globalisierungskritik, wie weiter? Antwort #26

Als universitaeres Programm [konkret: Wahlfachschwerpunkt] an der Universitaet Graz geht es bei >Global Studies< in erster Linie um die politischen, rechtlichen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Bedingungen und Folgen der Globalisierung. Dabei ist es das zentrale Anliegen, mit den Studierenden in eine kritische Diskussion zu den verschiedenen Formen, Prozessen und Akteuren der Globalisierung einzutreten. In diesem Sinne sind auch die Argumente und Forderungen der Anti-Globalisierungsbewegung wiederkeh- rende Themen in den einzelnen Lehrveranstaltungen.

Der G-8-Gipfel in Heiligendamm und vergleichbare Ereignisse werden hierbei vor allem als ein Symptom begriffen; ein Symptom fuer ein verstaerktes Hinterfragen von Globalisierungsprozessen und jenen, welche diese Prozesse, wenn schon nicht mehr steuern, so doch [durch ihr Tun ebenso wie durch ihr Unterlassen] beeinflussen koennen. >Global Studies< soll dabei eine Orientierungshilfe bieten und die Studierenden zur Wahrnehmung einer verantwortlichen Handlungskompetenz in der Auseinandersetzung mit den vielschichtigen Aspekten der Globalisierung befaehigen. Fuer eine aktive und kritische Teilnahme an den einschlaegigen Diskussionen auf politischer und zivilgesellschaftlicher Ebene ist ein umfassendes Verstaendnis der Globalisierung, ihrer Ursachen, Hintergruende und Folgen, unabdingbar. Globali- sierungsprozesse im Bereich der Politik, der Wirtschaft, des Rechts, der Gesellschaft und der Kultur lassen sich dabei nicht als isolierte Phaenomene darstellen, sondern stehen zumeist in enger Interdependenz zueinander. Einzelne Wissenschafts- disziplinen widmen sich in ihrer Analyse auf Grund ihrer systemimmanenten disziplinaeren Beschraenkungen jeweils nur einer spezifischen Dimension der Globalisierung. Es ist daher notwendig, die Perspektiven verschiedener Disziplinen zu integrieren, um insgesamt zu einer umfassenden Erkenntnis ueber globale Prozesse zu gelangen. Das Programm will Orientierung durch eine sachlich-kritische Analyse und Diskussion des Untersuchungsgegenstandes vermitteln. Angeboten werden Lehrveranstaltungen zu Themen wie nachhaltige Entwicklung, Armutsbekaempfung, internationale Beziehungen und internationales Recht, Menschenrechte, Geschlechtergerechtigkeit, politische Ethik, soziale Kompetenz und Organisationsentwicklung usw. Ein Charakteristikum von Global Studies liegt zudem in der Einbeziehung der ausseruniversitaeren Praxis, was insbesondere durch die Einbindung von VertreterInnen entwicklungspolitischer NGOs in die Programmgestaltung und -durchfuehrung zum Ausdruck kommt. Die TeilnehmerInnen am Programm sollen zur Entwicklung einer informierten und kritischen und Haltung zu Fragen der Globalisierung befaehigt werden, das Anbieten von >ultimativen< Loesungen und Wahrheiten ist jedoch nicht das Ziel von Global Studies. Aufgrund dieser Ausrichtung und dem derzeitigen Schwerpunkt des Programms in der Lehre besteht dessen Beitrag zur internationalen Bewegung der Globalisierungskritik in erster Linie in der Ausbildung von interessierten und kompetenten TeilnehmerInnen an der weltweit gefuehrten Diskussion ueber die Bedeutung und Folgen der Globalisierung, einschliesslich ihrer >Kollateralschaeden< im Hinblick auf Partizipationsdefizite, unfaire Handelsbedingungen, den Abbau sozialer Rechte, Kulturimperialismus usw. Das Leitungsgremium von Global Studies besteht aus VertreterInnen verschiedenster Institute und Fakultaeten, die sich in ihren Fachbereichen jeweils mit globalisierungsrelevanten Themen auseinandersetzen. Der Zugang ist hier so vielfaeltig wie die Akteure, die das Programm tragen und wie es auf akademischen Boden wohl auch erwartet werden darf. Die allgemeine Haltung ist dabei als sachlich-kritisch zu bezeichnen, apodiktische oder verallgemeinernde Positionen zum vielschichtigen Thema >Globalisierung< werden jedoch bewusst vermieden. [Anm. d. Red.: Der Autor hat die Fragen gemeinsam mit Eva Selenko beantwortet. Gemeinsam leiten sie den Bereich Global Studies am Institut fuer Voelkerrecht, Universitaet Graz.]

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