Globalisierungskritik, wie weiter? Antwort #2

Sprache schafft Realitaet, sagt man und hoert man noch oefter. Die Realitaet der letzten Woche wurde aber wieder einmal mehr ueber Bilder gepraegt, vor allem ueber die des G8-Gipfels. Ich meine hier nicht die Aufnahmen ach so netter Politiker in ganz netten Anzuegen, die sich hin zu nett gemeinten Kompromissen dinieren. Ich denke an die Proteste gegen all diese berechneten Nettigkeiten. Bunt waren sie, unuebersehbar, unberechenbar, heterogen.

Eine Aufarbeitung war noetig, um das gesehene in groessere Zusammenhaenge zu stellen. Deshalb trafen sich am vergangenen Donnerstag G8-kritische Theoretiker und Praktiker in der Volksbuehne, um das >Und Jetzt?< zu besprechen.

G8-Grossdemo, 02.Juni, Rostock. Bild:Krystian Woznicki

Aber schon der Auftakt der Podiumsdiskussion entlarvte, in der Person Ulrich Becks, dass es gar nicht so einfach ist mit der Sprache, gerade mit der gemeinsamen. In einem 20-min. Monolog stellte er seine Positionen zur Zukunft des Protests dar, das Diskussionskonzept unterlaufend. Doch das war nicht das einzig Subversive an seinem Auftritt. Er sprach den Konsumenten der globalisierten Maerkte die staerkste opponierende Kraft zu; durch einen selektiven und politisierten Konsum koennten sie Druck auf transnationale Konzerne ausueben und diese zum Umdenken zwingen. Das ist nicht wirklich neu aber einigermassen konkret.

Und schon hier wurde das zweite Motto des Abends bestaetigt: Es kann im Grunde keine Anti-Globalisierungs- bewegung geben, da die Entwicklung als solche nicht aufzuhalten ist. Sie kann und muss aber >von unten< beeinflusst werden. Aber wie sind die [traegen] Massen/ Konsumenten zu erreichen? Gleich tat es Beck die belgische Grand-Dame der linken Theorie Chantal Mouffe: Ebenfalls ein 20-min. Vortrag, exklusive Uebersetzung. Dann wurden die Praktiker des Abends von der Moderatorin mit den theoretischen Einlassungen konfrontiert. Sven Giegold [attac], Jan Huwald [Piratenpartei]und Katja Kipping [Die Linke] sprachen viel ueber ihre eigenen Organisationen. Und auch von der Vielstimmigkeit und Spontaneitaet der Proteste - die so die traegen Bereitschaftspolizisten immer wieder in Bewegung hielten. Vielfalt als Gegenentwurf zur Uniformitaet der Macht. Ein nettes Bild. Wie die Vielen aber die Globalisierung ueber bunten Bilderkonsum und kritische Formeln hinaus auch gemeinsam und >tatsaechlich< von unten beeinflussen koennen, behielt leider jeder fuer sich. Ueber gerechten Konsum sprach niemand mehr. Sprache schafft wohl doch keine Realitaet. Eigentlich schafft das, neben den Bildern, doch nur echte Kommunikation.

5 Kommentare zu “Globalisierungskritik, wie weiter? Antwort #2

  1. danke für den kritischen beitrag. was mir allerdings nicht ganz nachvollziehbar ist: warum und wie unterlief ulrich beck das konzept der veranstaltung?

  2. Danke für deinen Kommentar. Ich denke, dass es sehr schwierig sein muss, auf einen langen Monolog antworten zu müssen. Es sollte ja eine Diskussion stattfinden, d.h. eine gemeinsame Auseinandersetzung über die Themen die Hr. Beck in seinem Vortrag anriss. Für mich kann eine Globalisierung von unten nur etwas erreichen, wenn Theorie und Praxis nicht unbedingt Hand in Hand gehen, das wäre viel zu idealistisch, so aber doch zumindest aufeinander schauen – und hören.

  3. mich würde interessieren, wie du die webseite zur veranstaltung bzw. zum buch einschätzt:

    http://www.politikundprotest.de

    alles nur PR? oder werden da die fäden des events weitergesponnen? wir dürfen nicht vergessen: da steht eine firma, keine NGO dahinter: bei suhrkamp geht es halt immer auch darum, buecher zu verkaufen…

  4. Hi Marc, ich habe ja den Beck am letzten Donnerstag zum zweiten Mal erlebt und weiß glaube ich, was du meinst. Er ist recht manipulativ, aber halt sympatisch dabei. Das Unterlaufen der Diskussion, die ich letzte Woche leider nicht mitbekommen habe, kann ich mir schon vorstellen. Der Beck gibt ja keine Denk- bezw. Diskussionsanstöße, sondern setzt einfach mal, was er für die Wahrheit hält. Ich finde dieses Vorgehen ziemlich lähmend, aber es scheint seine Tour zu sein.

  5. Krystian,
    habe mir die website angesehen. Finde sie auf den ersten Blick ganz gut: Informativ, externe links auf diverse Organisationen, auch eine ganze subsite zum Thema Konsum(! Ulrich Beck kommt also auch hier zu seinem augeprägten Recht, er ist eben ein “Zugpferd”, meine das nicht despektierlich). Denke trotzdem, dass hier natürlich die verschiedenen Meinungen und Aspekte zum Thema viel stärker kontextualisiert werden und aufeinander verweisen. Aber, wie du sagst, das alles ist ja nur ein Marketinginstrument. Das darf man nicht vergessen. Aber ein sehr gut gemachtes. Es kann jedoch auch der Sache dienen, weiter über den Protest, seine Geschichte und Hintergründe aufzuklären.

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