Learning from Prenzlberg: Von den Pionieren im Niemandsland zur “Kreativen Klasse”

Täglich lesen wir Status-Updates aus den neuen In-Vierteln Berlins: Neukölln boomt, Wedding ist im Kommen und Kreuzkölln schon zu teuer. Ein beispielhafter Fall ist der Prenzlauer Berg. Erst Brachland nach dem Mauerfall, dann Spielwiese künstlerischer Pioniere, schließlich Paradies für finanzstarke Eltern und Investoren. Der Stadt- und Kultursoziologe Thomas Dörfler nimmt den “Prenzlberg” unter die Lupe.

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Gentrification ist der langsame Bevölkerungsaustauch rangniedriger durch rang- oder statushöherer Bevölkerung, so die Lehrbuchmeinung. Im Klartext und historisch auf die hiesige Situation bezogen bedeutet dies: Die vormaligen, unsanierten, vielfach von MigrantInnen und NichtkonformistInnen bewohnten “problematischen” Innenstadtgebiete der Nachkriegsmoderne werden seit circa zehn Jahren von Teilen der Bourgeoisie wiederentdeckt.

Dort realisieren sie unerwartete Lebensentwürfe: Wohnen “im Grünen”, in Lofts, mit Familie, in kleinen Townhouses. Unerwartet deshalb, weil dafür erst materielle und imaginäre Infrastruktur geschaffen werden musste: Der alte, teils aus Kaiserzeit herrührende Bestand musste erneuert oder die Kriegs- und DDR-Brachen befüllt werden. Die Lebensweise des innerstädtischen Wohnens und Arbeitens musste ins Positive gewendet werden. Wie ging das?

Die Modernisierung von Teilen der Gesellschaft brachte seit den 1990er Jahren vermehrt “Kulturarbeiter”, also Werktätige aus den mittlerweile kreativ genannten Branchen oder eigenunternehmerisch Selbständige hervor. Dieses Wohnen und Arbeiten benötigt urbane Settings. Nur dort lässt sich der echte Mehrwert dieser Arbeitsform realisieren. Vielfältige Kontakte, verschiedene Lebensentwürfe und Konsuminteressen, viele Abwechslungsmöglichkeiten in der täglichen Lebensgestaltung – das brauchen diese Milieus, um sich von “langweiligen” Angestellten in den “Normalarbeitsverhältnissen” abgrenzen zu können.

Pioniere zog es ins Niemandsland

Mittlerweile kommen noch die Familienentwürfe dazu, völlig unvermittelt, da für diese Lebensform eigentlich Vororte vorgesehen waren – die “Häuschen im Grünen”. Nun gibt es diese Häuschen auch in der Innenstadt. Vor allem in Berlin wurde dieser Teil der Stadt von den Altlasten der Nachkriegsmoderne allmählich “gesäubert”: Kriegs- und Sozialismusruinien, DDR-Architektur und Altbestand der 1970er und 1980er Jahre, in West wie Ost.

Dies geschah, weil das nonkonforme “andere” Leben nach dem Mauerfall vermehrt “Pioniere” anzog, wie das in der Literatur heißt. Wagemutige Erstbegeher urbaner Brach- und Umbruchlandschaften ließen sich in Berlin Mitte, Prenzlauer Berg und Friedrichshain nieder, wo niemals ein Bürgerlicher hingezogen wäre. Die dort in den 1990er und frühen 2000er Jahren etablierten “kreativen” Szenen schufen diese Gemengelage: Sie verdrängten ostdeutsche ‘Alternative’ und riefen andere auf den Plan, die sogenannten “Gentrifier”.

Diese wiederum gehörten einer anderen Klasse an, also einem anderen sozialen Milieu: Sie waren finanziell besser gestellt, teils beruflich arriviert, gesetzter oder einfach aus dem Westen, wo diese Attribute sozialstrukturell mehr zutrafen, als bei den problematischen Patchwork-Biografien der Nachwende-Ostdeutschen. Mit diesen Lebensweisen verdrängten die Gentrifier aber auch das von ihnen als “ursprünglich” aufgesuchte kreative Umfeld – ob sie wollten oder nicht. Die heutige “Kreative Klasse” hat deswegen mit den so verdrängten kreativen Lebensentwürfen der Nachwendezeit nichts mehr zu tun.

Gentrification im Feuilleton

Wer Gentrification verstehen will, sollte also bedenken: Es handelt sich um ein Klassenphänomen. Nicht im genuin Marxschen, sondern eher im Bourdieuschen Sinne. Das bedeutet: Die vielzitierte “Aufwertung” eines Stadtviertels gilt immer nur für eine bestimmte Klasse, für ein bestimmtes Milieu. Das heißt wiederum: Man sollte Gentrification nicht als “natürlichen” Prozess betrachten – eine immer wiederkehrende konservative Ausflucht. Sondern man sollte Gentrification als ökonomisch und vor allem institutionell begleitete, gewollte Verfügbarmachung von urbanem Raum für bestimmte Menschen begreifen.

Um die Feuilleton-Debatten darüber zu verstehen, muss man sich also vergegenwärtigen, welche Klasse beziehungsweise welches Milieu mit welchem Interesse der sozialen Lagerung hier spricht: Herr Füchtjohann von der Süddeutschen Zeitung, Sascha Lobo oder Herr Poschardt von der WELT werden sich natürlich über die alten nonkonformistischen Lebensentwürfe der Alternativkultur lustig machen. Als Unternehmer, Selbständige, Ex-TEMPO-Journalisten etc. gehören sie einer anderen Klassenlage an, vertreten also andere politische Ansichten und Ästhetiken.

Auf der anderen Seite stehen Künstler, Kreative oder Aktivisten im klassischen Sinne. Darunter Rocko Schamoni, Schorsch Kamerun, Diedrich Diederichsen oder Andrej Holm. Da sie Teil dieser Prozesse waren oder sind, wissen sie erfahrungsmäßig immer mehr über diese Zusammenhänge als die eben genannten Journalisten. Sie dürfen darüber aber nicht in den Feuilletons schreiben, das hätte einen anachronistischen Zug im momentan allgegenwärtig gehypten Imaginären der neuen Urbanität. Man könnte es die Diskursmacht der Kulturherrschenden nennen.

Zeitungen sagen, wo es hip ist

In diesem Sinne ist der öffentliche Diskurs der wichtigsten Wegbegleiter der Gentrification. Denn woher sollen Umzugswillige oder beruflich dazu Verpflichtete wissen, wohin sie in Hamburg oder Berlin ziehen sollen? Die Journale, Zeitschriften etc., die “den Prenzlberg” Ende der 1990er Jahre erfunden haben, sind da ein gutes Beispiel: Jetzt wusste der zugezogene Westler, wo er wohnt oder wohnen wollte.

Anders ist auch das derzeitige bizarre Interesse an Neukölln nicht zu erklären und die gegenwärtigen Exzesse auf dem Wohnungsmarkt ebendort. Vor zehn Jahren haben mir Insider und Gentrification-Geschädigte in Friedrichshain und Prenzlauer Berg halb im Jux erzählt, Neukölln wird das nächste Ding und sie wären froh, wenn die Karawane endlich vorbeigezogen wäre.

Man muss für die Menschen heute vielleicht noch erwähnen, was der Signifikant “Neukölln” vor zehn oder 15 Jahren bedeutete: das Gegenteil von Hipness, Ort für hängen gebliebene Problemfälle und Losertum (aber nicht der Ort von »muslimischen Migranten«, das kam erst später mit der Islamdebatte). Mittlerweile gibt es nichts mehr zu lachen. Auch Neukölln wird Teil des globalisierten, rituellen Spiels der urbanen Hipness und wird in allen Deutschland-Reiseführern dieser Erde stehen.

Gentrification-Gegner – vereinigt euch!

Mittlerweile benutzen Leute den Begriff Gentrification – ein absolut nerdiger Fachbegriff – als wäre es für sie das normalste der Welt. Es findet natürlich auch eine kritische Auseinandersetzung damit statt. Er wird vielleicht vermehrt medial von kleinen Kanälen begleitet, nicht aber von den großen, wie oben erwähnt. Aber es wird wie immer bleiben: Keine Diskussion kann etwas ausrichten gegen die Macht der Kapitalinteressen, begleitet von politisch gewollten Prozessen wie der Studentification (die gewünschte Ansiedelung von Studierenden, um Migrantinnen u.a. der Unterschicht zu verdrängen wie z.B. in Hamburg). Und: je mehr in den Medien über ein Viertel steht, desto schlechter ist das für die Lebensqualität dort, in welchem Sinne auch immer.

Zudem sind die Gegner der Gentrification äußerst zerstritten und verteidigen lieber kleine ideologische Vorgärten, als um das große Ganze zu kämpfen. In diesem Sinne sehe ich keine positiven Entwicklungen, weil sich kein temporär-kollektives Subjekt gegen diese Enteignungspolitik wendet. Spannend wird es erst, wenn die politischen Eliten selber Umschwenken, wie etwa beim Hamburger Gängeviertel geschehen.

Hier ist sogar den grünen und schwarzen Konservativen aufgegangen, dass sie damit urbane Lebensqualität verlieren würden. In diese Richtung könnte organisiert werden: politisch lagerübergreifend klarmachen, dass mit dem Verlust von Urbanität nicht nur für linke Subgruppen oder Alternativkünstler etwas wichtiges verlorengeht. Sondern auch für die Bürgerlichen, da “Urbanitas” ja immerhin seit Altertumszeiten deren erzieherisches Ideal der Stadtgesellschaft war.

Aufs Land ziehen um zurückzukommen

Dass der gegenwärtige Kapitalismus endlich und endgültig beim Cultural Mode of Production angekommen ist, also der Produktion von kulturellem Mehrwert als vielversprechendstes Feld kapitalistischer Investition, steht außer Frage – zumindest in den westlichen Gesellschaften, aber teils auch in den globalen Metropolen des Südens, des Ostens etc. Das Urbane wird urbar gemacht durch seine Kulturalisierung, durch seine imaginäre Aufwertung als Must-Go.

Das wiederum lässt anderen, ratlos über den Bilanzkurven brütend, Investments dort lukrativ erscheinen. Wenn alle neue Urbanität wollen, ist es sinnvoll, hier Geld anzulegen. Zumal werden Immobilien derzeit als “Betongold” gehandelt: sichere Rendite, wenig Risiken, aber Planungssicherheit. Volkswirtschaftlich betrachtet ist das aber totes Kapital, da es nicht der Reinvestition in technische Modernisierung oder ähnlichem zur Verfügung steht. Es wird also auch bald zu ernsten Krisensymptomen kommen, wie sie ab 2005 in England oder Spanien auftraten.

Für Freischaffende, Künstler und Leute, die an einem nichtkommerziellen, alternativen Lebensentwurf interessiert sind, kann ich also nur raten: Zieht aufs Land, gründet Kommunen und globale Netzwerke mit wenig technischem Aufwand, und wartet, bis die Innenstädte wieder Wüsten des Kapitalismus werden, um dann dort abermals neue Chancen realisieren zu können. Detroit ist das derzeit beste Beispiel dafür.

Anm.d.Red.: Die Fotos stammen aus Norbert Bayers Foto-Blog Just Another Photo Diary. Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers.

17 Kommentare zu “Learning from Prenzlberg: Von den Pionieren im Niemandsland zur “Kreativen Klasse”

  1. Spannender Artikel! Es ist wichtig, das aus dem Fallbeispiel Prenzlauer Berg gelernt werden kann, indem die Entwicklung nachvollzogen wird. Besser, als sich immer nur über den Ist-Zustand aufzuregen. Und ist es nicht so – wie z.b. in der Mode – dass das, was alle cool finden, bald wieder out ist? Warten wir mal noch 10 Jahre ab…

  2. Kürzlich gab es im Museum Pankow unter der Überschrift “Mythos Prenzlauer Berg” eine Gesprächsrunde zu diesem Thema:

    http://bit.ly/Optgtf

    Ich war leider nicht da, aber der Tagesspiegel berichtet darüber:
    http://www.tagesspiegel.de/berlin/ausstellung-schick-schoen-sauteuer-der-mythos-prenzlauer-berg/6732674.html

    Die dazugehörige Dauerausstellung im Museum Pankow “Gegenentwürfe. Der Prenzlauer Berg vor, während und nach dem Mauerfall.” scheint auch interessant und ein guter Ort zu sein, um die Entwicklung nachzuvollziehen.

    http://www.berlin.de/ba-pankow/museumsverbund/ausstellungen/index.html

  3. den Vergleich mit Detroit am Ende finde ich zynisch. Ich wünsche mir nicht, dass unsere Städte erst nach der Komplettverwüstung bewohnbar und reizvoll werden. Noch leben wir nicht im Science Fiction Film…

  4. Dieser Artikel kratzt wieder einmal nur mit dem Werkzeug der Verallgemeinerung an der Oberfläche der Realität. Statt tatsächlich über die heterogene historische und soziale Entwicklung eines Stadtteils zu reflektieren, wird alles über den Theorie-Kamm geschoren. Es wäre wesentlich fruchtbarer, den Schreibtisch zu verlassen, und tatsächlich mit alteingesessenen und zugezogenen Prenzlbergern zu reden — dabei würde nämlich schnell deutlich, dass die “Zerstrittenheit” der “Gentrification-Gegner” in unterschiedlichen Biografien und divergenten Interessen begründet ist. Diese Erosion der Solidarität, bei der beispielsweise der Wunsch nach “gesundem Essen” über den Erhalt lokaler ökonomischer Strukturen gestellt wird (BioCompany, ick hör dir trappsen) ließe sich sicherlich auch aus der Warte der Theorie analysieren, aber dafür müsste erst einmal die empirische Basis geschaffen werden.

  5. Poschjardt, Lobo und Co. mögen Neokons sein, d..h. aber nicht, dass von Klasse /Herkunft automatisch auf die ideilogische Perspektive eines Autors schließen kann, es gibt doch auch eine große Anzahl von “Aristokraten” unter den Intellektuellen und Philisophen, die linke und linksradikale Gesinngungen vertraten/VERTRETEN

  6. @barbie:
    der Vergleich war nicht zynisch, sondern realistisch gemeint. Keiner wünscht sich Städte, die erst nach den Verheerungen des Kapitalismus wieder bewohnbar sind. Ich sehe für bestimmte ökonomisch unterprivilegierte, aber kulturell-sozial anspruchsvolle Menschen langfristig keine Perspektive in solchen Boomtowns. Von den krass Marginalisierten ganz zu schweigen. Wenn es anders kommt, wäre ich froh, mich geirrt zu haben.

  7. @ZK:
    Ja, das würde ich nicht bestreiten, aber solche Entwürfe in der Linken sehen notwendig anders aus, als die von Verdi-Mitgliedern, weil sie intellektuell eine andere Herkunft haben – und beide Perspektiven habe ihre Berechtigung. Ich meinte: Wer so in die Medien eingebunden ist wie die zitierten Personen, der kann kaum Kritik an deren Machenschaften üben. Demgegenüber steht die zweite Gruppe, Menschen, die nicht über die Kommunikation postmoderner Kulturproduktion ihr Geld verdienen müssen und deshalb hier freier reden können ob der negativen Auswirkungen. Beides ist in meinen Augen ‘Klassenlage’ in dem Sinn, daß die ihnen zur Verfügung stehende Position bestimmte Argumentationsmuster aufnötigt, also nahelegt, nicht determiniert.

  8. @Julian
    Nun, der Kommentar ist mir ein Rätsel, was will er? Kaschieren, daß man Teil der Kritisierten ist? Ich jedenfalls habe mich explizit auf meine eigenen empirischen Studien u.a. in Berlin dabei verlassen. Heterogenität ist kein Naturzustand, noch gibt es dazu eine Normalverteilung. Mein Artikel zielte darauf, daß heutige Prozesse (Politik, Kapital) darauf hinauslaufen, homogene Hetereogenität in den Städten herzustellen, also auf Differenzen setzt, die niemanden wehtun (cultural diversity), indem man die tatsächlich anderen der anderen Klassenlagen zu verdrängen versucht. Übrig bleiben Leute, die sich individuell und besonders geben, dabei aber konforme Masse sind, weil sie den real anderen Lebensentwurf nicht mehr aushalten können. Das scheint mir der Hintergrund zu sein, warum etwa Heinz Bude die Apartheidstendenzen von Prenzlauer Berg beklagt hat.
    Den letzten Punkt, die Herleitung aus unterschiedlichen “Biographien”, habe ich genau versucht darzustellen, bei mir hieß es nur Klassenlage: Ostalternative der Vor- und Nachwendezeit hatten mit Westalternativen nichts am Hut, und andersrum. Letztere hatten aber bessere Kapitalien, um sich durchzusetzen. There goes the hood.

  9. “für bestimmte ökonomisch unterprivilegierte, aber kulturell-sozial anspruchsvolle Menschen langfristig keine Perspektive”

    wer aber sind diese Menschen? Leben die hier in der Wirklichkeit oder in irgendeinem Film? Ich frage auch, weiil das ein bisschen nach Schablone klint:

    “ökonomisch unterprivilegiert, aber kulturell-sozial anspruchsvoll”

    Schablone und Exotik zugleich.

    Was kommt zu erst?

    Dann frage ich mich: Wo sind sie denn, diese Menschen? Vielleicht kann ich auch deshalb nicht so leicht und schnell welche ausmachen, weil es davon nicht so viele gibt. Eine Handvoll. Und dann werden sie zu einem Trendsetter gemacht: Schablone.

  10. “nahelegt, nicht determiniert.” das kann ich verstehen. aber Lobos Losition zb, das ist doch auch nicht immer ernst, ironisch, und humorvoll, seine aussagen kann man nicht 1:1 lesen, bei Poschardt ist das wiederum anders. Lobo hat doch ein Buch geschrieben, Wir nennen es Arbeit, bei dem es darum geht, wie die Leute ohne Kohle aber Anspruch auf ein gutes Leben, sich selbstständig machen; er wohnt in einer großen teueren Wohnung, aber was wir von seiner Herkunft bzgl. Klasse? Möglicherweise hat er sich hochgearbeitet — und was wird ihm da schon nahegelegt? er wird sich identifizieren mit den Leuten, aber auch polemisieren gegen sie, weil er ihnen einen STachel bieten will, einen Ansporn und sie wissen, er ist Punk und als Punk kann man es schaffen.

  11. Das schlimme an Lobo ist für mich, daß er keinerlei Humor hat. Das, was er für witzig oder ironisch hält, ist 100% ironie- und witzfrei. Textproben kann ich gerne posten, schönes Beispiel war das Bahnmagazin mobil vor ein paar Monaten. Das meinte ich mit Herkunft: kleinbürgerliches Milieu, das es zu “etwas” gebracht hat: der großen Wohnung im Zentrum Berlins, einem tollen Haarschnitt mit Schnauzbart etc. Da gibt es dann nichts mehr zu lachen, alles muß pseudo-locker wirken. Ich will nicht nur motzen, aber – sorry – er ist eine Beleidigung für jeden Punk. Das sieht man schon daran, daß Punks nie Ansporn für jemanden setzen, das wäre ja genau das Spießige. Punks sind Leute mit Haltung. Lobo hat Attitüde. Also Klassenhabitus. Das meinte ich mit “nahegelegt”. Ich hab übrigens nix gegen Lobo. Netter Typ. Hat nur die falsche Ideologie.

  12. Wow, danke für den Text! Er beschreibt etwas, was icb bisher nur gefühlt habe, aber nicht in Worte zu fassen wusste: Das Feuilleton trägt maßgeblich dazu bei, wie sich Stadtteile entwickeln.
    Eine Verständnisfrage habe ich: In dem Text wird der Philosoph Pierre Bourdieu erwähnt, doch leider kommt die Darstellung an dieser Stelle etwas zu kurz – wie genau lässt sich Bourdieus (vermutlich die Feldtheorie) Ansatz hier anwenden? Ich hoffe, dass die Frage nicht zu kompliziert ist, danke!

  13. Interessanter Bericht, danke schön. Mal allgemein gefragt zur Entstehung der Gentrification. Diese isz besonders in Berlin, Hamburg und München auffällig. Alle drei Städte werden von der SPD regiert. Gibt es da Zusammenhänge? War es am Prenzlauer Berg in der DDR-Zeit nicht so, dass es wichtig war, jedem Menschen ein Dach über den Kopf zu gewähren? In der DDR waren die Mieten zu niedrig, im Ostwestvergleich oft überteuert.

  14. @Leander
    Danke für die Nachfrage: ich wollte argumentieren, daß wir innerhalb der größeren Städte verschiedene, symbolisch-materielle Felder gesellschaftlicher Auseinandersetzung haben, was man in Berlin etwa anhand der massiven Bedeutungsunterschiede der Signifikanten “Prenzlauer Berg” und “Kreuzberg” nachvollziehen kann. Hier stehen jeweils unterschiedliche, vielleicht manchmal auch ähnliche Kapitalien auf dem Spiel, wie sie die Bourdieusche Feldtheorie vorsieht (Symbolisches/Kulturelles, Ökonomisches, Soziales Kapital). Wenn man diese Bedeutungsdimensionen nicht nachvollzieht, die ihre je massiven materiellen Auswirkungen haben (Bewerbung von PB in der Immobranche vs. KB), dann wird man die Abneigung bzw. Differenz beider Wohnatmosphären nie nachvollziehen können. In diesem Sinne könnte, so meine Ansicht, Bourdieus Theorie helfen, die jeweiligen Kapitalien herauszuarbeiten, um so die unterschiedlichen Konflikte und Entwicklungslinien solcher Stadtteile zu verstehen (warum etwa das BMW-Guggenheim in KB verhindert, in PB mit offenen Armen empfangen wurde uva. welche – aus Stadtentwicklungssicht – profanen Inhalte dort dargestellt wurden).

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