Gefuehle fangen

Ehrlich gesagt weiss ich gar nicht mehr, wie alles angefangen hat. Ich kann mich nicht genau erinnern, was das erste Theaterstueck war, das ich jemals gesehen habe. Es muss in meiner Heimatstadt Little Rock gewesen sein. Wahrscheinlich hat ein Freund mitgespielt und ich war deswegen dort. Meine erste richtige Erinnerung ans Theater ist eine Inszenierung von Yasmina Rezas >Art<. Ich fand das Stueck so ungeheuer clever, und ich war richtig eifersuechtig, dass sie so eine grossartige Kuenstlerin ist. Von da an sah ich mir jedes Stueck an, das ich mir leisten konnte. Und innerhalb eines Jahres war ich auf einmal selbst dabei Regie zu fuehren, bei einem Stueck von Samuel Beckett.

Ich spielte in einer Pantominentruppe und schrieb massenweise schlechte Gedichte. Es war eine tolle Zeit. Eines Tages, ich hatte eine kleine Rolle in einer Theaterauffuehrung an meiner High School, langweilte ich mich fuerchterlich. Also fing ich einfach an zu schreiben. Das wurde zur Gewohnheit. Ein paar Jahre spaeter hatte ich endlich ein ganzes Stueck geschrieben und es kam sogar auf die Buehne. Von da an wusste ich, was ich mit meinem Leben machen wollte. Wenn ich heute Wenn ich beispielsweise etwas sehe, dass bei mir ein Gefuehl ausloest und dieses Gefuehl bleibt, beginne ich, moegliche Handlungsverlaeufe zu skizzieren und manchmal auch ein paar erste Dialoge. Danach kommt viel organisiertes Herumbasteln: Ich ergaenze, streiche, aendere die Reihenfolge, ergaenze wieder usw.

Damit mache ich solange weiter, bis die Story zum Vorschein kommt. Irgendwann fangen die Figuren an, ein Eigenleben zu haben. Ich habe auch ein kleines Ritual was das Schreiben anbetrifft: Ich versuche immer etwas zu essen, bevor ich loslege. Seit fuenf Jahren lebe ich in New York City, im Stadtteil Brooklyn. Das ist der Ort an dem du sein musst, wenn du dir in der Theaterwelt einen Namen machen willst, zumindest in der US-amerikanischen. Die Stadt beeinflusst meine Arbeit als Dramatiker sehr. Alles hier steckt voller Moeglichkeiten und frischen Ideen. Zurzeit schreibe ich an einem Stueck mit dem Arbeitstitel >It’s Just Chamomile< [Es ist bloss Kamille]. Es ist eine Komoedie ueber soziales Bewusstsein. Das hoert sich vielleicht ein bisschen komplex an, aber eigentlich ist es ganz leichtfuessig. Es geht um eine Gruppe von Leuten, die sich so sehr in ihren eigenen Problemen verfangen, dass sie ganz selbstsuechtig werden und sich ueberhaupt nicht mehr umeinander kuemmern. Der Slogan des Stueckes koennte vielleicht lauten: >Ein Stueck ueber Buecher, Betrug und deine ganz persoenlichen Kaempfe.< Oft werde ich gefragt, ob das Theater nicht eine veraltete Kunstform ist und warum ich nicht lieber Drehbuecher fuer Filme schreibe. Ich denke, dass sowohl Film als auch Theater ihre Vorteile haben. Aber ich glaube an die Kraft des Theaters. Wenn du im Theatersaal sitzt, wirst du Teil einer Gemeinschaft. Es gibt eine Verbindung zwischen den Menschen im Publikum und auf der Buehne. Das gibt es im Kino nicht. Ausserdem hat das Theater fuer mich auch eine politische Dimension. Auch wenn es in meinen Stuecken eher um die Menschen und nicht um die Politik geht. Ausserdem ist die US-Politik inzwischen selbst zu einem Theater geworden. Es bringt nichts, politisches Theater zu machen, wenn du nicht wirklich vorhast, mit deiner Show auch in den Kampf ums Weisse Haus einzusteigen. Ich wuenschte Bertolt Brecht hatte Recht mit seiner Annahme, dass das politische Theater die Menschen wirklich veraendern kann. So versuche ich zu arbeiten. Ich denke, dass zunaechst die Menschen beruehrt werden muessen, sie motiviert sind, um auch politisch zu agieren.

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