Fluesse sind keine Grenzen

Das Element Wasser hat schon immer eine grosse Faszination bei mir ausgeloest, vor allem visuell. Das stundenlange Betrachten des Wasserspiels, der Spiegelungen von Farben, Formen und die Abstraktion durch Wellen und Wind – immer neue Reflexionen und Strukturen anzusehen und zu entdecken, den staendigen Fluss und Fortlauf dieses Elements. Dabei geniesse ich, Zeit in der Natur und am Ufer zu verbringen, und vor allem die Stille.

Bei wasserdichter Kleidung denke ich in erster Linie an die gelben Regenjacken, die vor allem in Norddeutschland und auf den Inseln getragen werden. In meiner Kindheit war meine Familie mit mir des Oefteren wegen der guten Seeluft auf Norderney und in Schleswig-Holstein.

Nun ist die Frage, ob wir uns nicht von der Natur isolieren, wenn wir diese wasserdichte Kleidung tragen und somit vielleicht auch das soziale Moment des Wassers aussperren, naemlich dass es verbindet. Aber es besteht die Gefahr, dass durch die Privatisierung der Suesswasser-Quellen dieses lebensnotwendige Element, welches jedem Menschen zustehen sollte, nicht unsozial und ungerecht verteilt bzw. kontrolliert wird. Ohne Oel kommen wir aus, aber nicht ohne Sauerstoff und Wasser.

Es gibt circa drei Prozent Suesswasser-Vorkommen auf der Welt, 97 Prozent des Wassers ist nicht trinkbares Salzwasser. Die Ungerechtigkeit, dass Millionen von Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben und sich diese Entwicklung sich auch noch zunehmend verschlechtert, schockiert und veraergert doch sehr.

Wenn die Rede auf das Meer als Metapher des Sozialen faellt, denke ich an das wunderbare Gemaelde >Der Moench und das Meer< von Caspar David Friedrich, eines meiner Lieblingsbilder und auch an die beeindruckende Fotoserie >Seascapes< von Hiroshi Sugimoto. Das verdeutlicht auch, dass ich bei der Metapher >Meer< an Weite, aber auch Isolation und Einsamkeit denke. Bei meinem langfristigen Wasser-Projekt Riverine Zones, bei dem ich verschiedene internationale Fluesse und Baeche unter Wasser filme, ist der soziale Aspekt des Themas Wasser insofern vertreten, als dass alle Fluesse und Aufnahmen, die ja letztendlich auch fuer verschiedene Weltregionen stehen, in verschiedenen Installationsformen und Ausstellungen unabhaengig ihrer Groesse und Bedeutung gleichberechtigt dargestellt werden.

Ein wesentlicher Ansatz dieses Kunstprojektes ist es, keine Grenzen aufzuzeigen, sondern Grenzen mit Hilfe der Fluesse als Metapher fuer Einheit und Vernetzung zu ueberschreiten bzw. zu verbinden. Dies erreiche ich unter anderem durch meine Installationsform, bei der ich Satellitenaufnahmen von den verschiedenen Stellen, an denen ich bisher gefilmt habe, zu einem langen, fiktiven Fluss zusammenfuege. In dieser Installationsansicht fliesst z.B. der Chicago River in die Spree, und dieser dann in den Bangkok River. [Anm. d. Red.: Der Verfasser des Textest ist Videokuenstler und lebt und arbeitet in Berlin und Weilheim.]

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.