Faengt jetzt das Leben an?

Sie wischt sich die Haende an der Hose ab. Eine doofe Angewohnheit, noch aus der Kindheit. Sie merkt es ueberhaupt nicht, weil sie so aufgeregt ist. Heute kommt er nachhause. Vier Jahre. Vier Jahre in denen nichts richtig war, sondern immer alles falsch.

In denen es laut war, wenn es leise sein sollte und in denen die Stille ihre Ohren zerriss, wenn sie durch die grosse, leere Wohnung tigerte. Sie hat an jedem einzelnen Tag an ihn gedacht. Sie hat mit ihm gesprochen, obwohl er nicht da war. Sie hat ihm Briefe geschrieben, die nie ankamen. Sie hat seine Seite des Bettes freigehalten, obwohl er nie darin schlief.

Letzte Nacht ist sie jede halbe Stunde aufgewacht und hat auf die digitale Wanduhr gestarrt. Die roten Zahlen flackerten vor ihren Augen und wollten einfach nicht weitergehen. Sie hat die Laken vollgeschwitzt. Sie muss lachen. Vier Jahre lang hat sie die Pille genommen, ohne auch nur einmal Sex gehabt zu haben. Jetzt steht sie in der Mitte des Wohnzimmers und weiss nicht, wohin mit sich selbst. Alles ist aufgeraeumt. Alles ist vorbereitet. Alles wartet. Die Gedanken flitzen durch ihren Kopf wie Fussballer beim Aufwaermen.

Sie stoppen und spielen sich den Ball zu, machen Aufwaermuebungen und daemliche Scherze. Ein Gedanke rennt immer wieder uebers Feld. Auf seinem Trikot steht: Faengt jetzt das Leben an? – Er bleibt kurz stehen und lehnt sich an eine Haeuserwand. Die Klamotten kleben an seinem Koerper. Die Blase drueckt. Er ist allein. Die Berliner Sommerhitze ist unertraeglich. Die Kreuzung scheint noch so ewig weit entfernt. In der Ferne sieht er die Flutlichter des Stadions. Wenn er schneller gehen wuerde, dann waere er in ein paar Minuten in der Wohnung. Bei ihr.

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