Entfernte Naehe

Geboren wurde ich als indisch-staemmiger in Dar-es-Salaam [Tansania] und zog dann 1970 nach Grossbritannien. Das letzte Jahr ueber habe ich beim Haus der Kulturen der Welt als Leiter der Abteilung fuer Ausstellungen, Film und Neue Medien gearbeitet. In dieser Position ist es mir moeglich kulturelle Produktionen aus den unterschiedlichsten Teilen der Welt mit verschiedensten Inhalten fuer die Menschen in Berlin und Deutschland und manchmal in Europa zu kontextualisieren.

Die Ausstellung >Entfernte Naehe< ist nicht das erste Projekt, bei dem sich das HKW mit dem Iran beschaeftigt. Es gab ein wanderndes Programm, das vom Haus fuer iranischen Film gestartet wurde und in ganz Deutschland zu sehen war. Und ein Interesse am Iran besteht in Deutschland schon lange. Es ist ein theoretisches Interesse, wie auch ein Interesse fuer die historische und literarische Beziehung zur Poesie und fuer Texte, die sich aus dem persischen Dialekt entwickelt haben. Unser derzeitiger Blick auf den Iran schaut danach, wie sich Sprache, vor allem auch durch die Ausstellungspraxis von Kuenstlern, innerhalb der Grenzen einer sehr konservativen, strikten und zensierten Gesellschaft entwickeln konnte. Diese Kuenstler haben sehr praegnante und intelligente Kunstwerke geschaffen. Bei der Entwicklung solch einer Ausstellung gibt es einen lange Prozess. Der Direktor des Haus der Kulturen der Welt, Hans-Georg Knopp, reist fast ohne Unterlass, um Schluesselpersonen zu finden, die weitreichende Entscheidungen ueber diverse Kulturen oder ueber ihre eigene, machen. Es geht normalerweise darum, mit diesen Leuten in ein Arbeitsverhaeltnis zu treten und dabei einen Dialog entstehen zu lassen, an dem auch der Rest des HKW beteiligt ist. Dabei wird ein Workshop entwickelt. Innerhalb dieser Workshops vermitteln uns Kuratoren, Akademiker, Kuenstler, Schriftsteller, das, woran sie arbeiten; sie beziehen uns dabei in ihren lokalen Diskurs mit ein. Bei >Entfernte Naehe< trat Rose Issa als Kuratorin in dieser Vermittlerrolle in Erscheinung. Zuvor kuratierte sie Ausstellungen fuer das Barbican in London und in Barcelona und anderen europaeischen Staedten. Mit ihrem grossen Wissen ueber iranische Kuenstler, die im und ausserhalb des Iran arbeiten, war es ihr moeglich Innen- und Aussenperspektiven innerhalb der iranischen Kunst zusammenzutragen. Bei der Arbeit an diesem Projekt ist uns besonders aufgefallen, dass Grenzen zunehmend fluessiger oder sogar durchlaessig werden. Wir lassen uns nicht laenger von Vorstellungen des Nationalismus, oder eines festen Nationalstaats fangen. Viele der Kuenstler haben ausserhalb des Iran gelebt und sind dann zurueckgekehrt. Bei Farhad Moshiri waere das zum Beispiel der Fall. Er hat bei Cal Arts in Kalifornien studiert und ist nun ein erfolgreicher Kuenstler, der in den Iran zurueckgegangen ist. Natuerlich ist es bei einigen der anderen ausgewaehlten Kuenstler auch so, dass sie der Wahl ihrer Eltern das Land zu verlassen folgen mussten. Sie waren sehr jung als sie weggingen. Daher ist es also kein Wunder, wenn wir uns heute in einer sehr viel weniger >festen< Welt befinden, sondern in einem verschmolzenen Raum, in dem eine Vielzahl verschiedener Nationalitaeten neben- und miteinander leben und arbeiten. So ist das auch im Falle des Iran. Wobei wir noch nicht mal bewusst nach Kuenstlern gesucht haben, die ausserhalb des Iran leben. Vor allem ging es darum eine aussagekraeftige Ausstellung zu schaffen. Einige der ausgewaehlten Bilder, vor allem die des Fotografen ABBAS, beschaeftigen sich mit der Beziehung zu westlichen Einfluessen, vor allem zu der Zeit als der Schah regierte. Marjane Satrapi, eine andere Kuenstlerin, produziert auch Arbeiten ueber die Gemuetslage des Schahs und die ihm eigenen westlichen Einfluesse. Sicherlich fuehrte die Verfassung des Schahs zu einer Schliessung des Landes und dem was man als Islamisierung begreift und dabei gibt es Muster, die sich mit denen der Kolonialisierung vergleichen lassen und solche die den westlichen Einfluss wiederspiegeln. Aber wo ist der Westen? Wie weit weg ist der Westen? Und was ist jetzt der Westen? Wichtiger ist, dass es auch Strukturen gibt, die mehr mit den Bestrebungen der Menschen zu tun haben, als mit fremden Kraeften, die in der Gesellschaft verwurzelt sind. Manchmal sollten wir mehr ueber das innere Selbst nachdenken, als ueber die aeussere Huelle der oekonomischen Zwaenge. Sonst werden wir staendig in die Falle tappen, bei der Menschen ausserhalb des Westens als das >Andere< markiert werden.

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