Eine Frage des Bodens

Gemeinsam mit meiner Frau Alice Atieno und unseren vier Kindern lebe ich am Rand von Nairobi in einem Ort namens Kahawa Sukari. Es ist ein grosses Stueck Land, das sich die Menschen von der Savanne zurueckerobert haben. Mittlerweile leben hier ueber 20.000 Menschen, darunter viele Beamte aber auch viele Arme. Letztere hausen in Slumsiedlungen, die in den letzten Jahren entstanden sind.

Auf Suaheli wird Kahawa Sukari >Matopeni< genannt, die schlammige Gegend, wegen dem Schlamm, der in der Regensaison alles bedeckt: Holz, Stein, alles. Ich fuehle mich wohl hier. In meiner Nachbarschaft gibt es viele tolle Leute. Alle sind sehr menschlich und vertrauenswuerdig. Die Jomo Kenyatta University of Agriculture and Technology ist in unmittelbarer Naehe. An dieser Hochschule bin ich als Wissenschaftler taetig. Zur Zeit mache ich ein Sabbatjahr an der Afrikanischen Wissenschaftlichen Akademie [AAS] hier in Nairobi. Hauptsaechlich bin ich mit einer Studie beschaeftigt ueber die wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlern aus Afrika und der Europaeischen Gemeinschaft. Diese Arbeit laeuft ueber das AAS. Als Forscher beschaeftige ich mich mit den Voraussetzungen und Entwicklungen fuer eine nachhaltige Landwirtschaft. Dazu gehoeren beispielsweise der umweltvertraegliche und standortgerechte Anbau von Kulturpflanzen sowie der Erhalt ihrer Artenvielfalt. Die deutsche Sprache ist dabei sehr wichtig, um die Literatur zu erfassen beziehungsweise, um Kontakte zu anderen Forschern und Experten auf meinem Gebiet aufzubauen. Mit dem Deutschen kam ich erstmals durch das Goethe-Institut in Beruehrung. Es war in Goettingen, im Jahr 1991. Ich nahm sechs Monate lang Deutschunterricht, weil ich die deutsche Sprache fuer meine Doktorarbeit an der Universitaet Giessen lernen musste. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich kein einziges Wort Deutsch. Aber die Lehrerin war ziemlich gut und ich habe in ihrem Unterricht viel gelernt. Schnell hatte ich einen kleinen Wortschatz und konnte auf Deutsch einkaufen, essen gehen und mich sogar unterhalten. Seitdem hat die deutsche Sprache einen hohen Stellenwert in meiner Karriere bekommen. Ich habe viele fuer meine Arbeit sehr nuetzliche Kontakte nach Deutschland knuepfen koennen. So bin ich neben meiner Forschungsarbeit fuer den DAAD beispielsweise auch als Hochschullehrer aktiv. Seit 1996 fanden unter meiner Leitung mehrere Workshops, Seminare und Forschungsprojekte statt. Im Juni und Juli 2002 uebernahm ich die Verantwortung fuer ein Sommerkurs-Trainingsprogrammzum Thema >Sustainable Horticultural Crops Production in the Tropics<. Ich habe auch viele wissenschaftliche Projekte mit Hilfe des DAAD durchgefuehrt. Im Zuge dessen bin ich vielfach nach Deutschland eingeladen worden und konnte dabei den Kontakt zu den deutschen Professoren und Kollegen vertiefen. Gegenwaertig habe ich eine enge Verbindung zu der Universitaet Hannover. Gemeinsam mit dem dort arbeitenden Herrn Professor Stuetzel arbeite ich an dem eben erwaehnten Projekt. Mit Herrn Stuetzel habe ich in der Vergangenheit bereits an vielen Projekten zusammen gearbeitet, zum Beispiel am Projekt >Pesticide Free French Bean Produktion<, das von VW finanziert wurde. Ausserdem haben wir eine Sommerschule in Hannover sowie Studentenreisen nach Deutschland organisiert. An meiner Universitaet in Nairobi gibt es derzeit mehr als 20 Wissenschaftler, die Deutsch lesen und verstehen koennen. Wir koennen Ideen auf Deutsch entwickeln und auch realisieren. Das Deutsch meines Forschungsbereichs wird heute auf einem hohen Niveau genutzt. Das zeigt sich nicht zuletzt an der Schnelligkeit und Effizienz in meiner Arbeit. Die Ergebnisse meiner Forschung kann ich direkt in der Landwirtschaft anwenden. Bislang hat die deutsche Sprache in der Geschichte Kenias eine wichtige Rolle gespielt, besonders in den Betrieben, in der Wirtschaft, in der Wissenschaft und in der Paedagogik. Seit 1995 hat ihre Rolle eine noch groessere Bedeutung gewonnen. Die Verbindungen zwischen der Wirtschaft in Deutschland und in Kenia werden durch die Regierung stark ausgebaut. Die Regierung Kenias ist beispielsweise auf der Gruenen Woche in Berlin praesent. Sie war auch auf der EXPO 2000 in Hannover. Ich glaube, dass vom Kulturellen her eine Sprache wie das Deutsche auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird. Viele wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Zusammenhaenge kann man erst in der Originalsprache so richtig verstehen. Meiner Meinung nach gilt das auch fuer die zwischenmenschliche Kommunikation. Deshalb wuensche ich mir ein internationales, multilinguales Kenia. Im Grunde haben wir bereits gute Grundlagen fuer eine solche Zukunft. Viele Menschen wachsen vielsprachig auf. Meine Kinder zum Beispiel lernen Lou als Muttersprache, Suaheli als Amts- und Verkehrsprache Kenias und Englisch als Dienstleistungs- und internationale Kommunikationssprache. Darueber hinaus koennen sie auch Kikuyu sprechen. Meine Frau und unsere zweite Tochter Sarah sprechen sogar ein weg Deutsch. Irgendwie habe ich es geschafft, sie dafuer zu begeistern.

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