Bitte keine Beruehrungsaengste!

>These guys are rockstars in China<, sagt Hung Huang, Ikone der chinesischen Kulturszene mit dem weltweit groessten Blog - endlich werden diese Rockstars in Berlin bei Aedes am Pfefferberg fernab vom Asien-Pazifik- und Kunstherbst-Hype gezeigt. Die noch bis Anfang November laufende Ausstellung "AND - Interdisciplinary Creative Arts from China" stellt vier chinesische Protagonisten vor, die die Kulturszenen Chinas entscheidend mitgepraegt haben: Yung Ho Chang [Architektur], Liu Sola [Musik], Wang Yiyang [Mode] und Liu Zhizhi [Graphikdesign].

Der irritierende Blick durch eines der Kaleidoskope von Liu Zhizhi laesst ahnen, welche Perspektivenwechsel bisher noetig waren, um neue Wege und Denkansaetze zu wagen. Selten sieht man in einer Ausstellung den Dialog der Generationen so wie bei Aedes: Zwei der Ikonen, Yung Ho Chang und Liu Sola, gehoeren der 50er-Jahre-Generation an. Sie haben die zwei juengeren Kuenstler der sogenannten Baby-Boom-Generation der 70er mitgebracht. Alle vier Kuenstler arbeiteten gemeinsam an verschiedenen Projekten und bezeichnen das Immer-wieder-von-vorne-Anfangen als staendigen Lernprozess miteinander, der dann produktiv umgesetzt wird.

Die Grenzen zwischen Disziplinen und Generationen verschwimmen dabei. Yung Ho Chang, ein weltweit bekannter Stararchitekt, interessiert die Interdisziplinaritaet, denn durch Ueberschneidung von Architektur und Kino sieht er seine Arbeit in einen kulturellen Kontext eingebettet. Der Reiz dabei ist, dass sich dann die Grenzen von Realitaet und Fiktion aufloesen. Seine Filme sind auf Screens zu sehen, die in zwei skulpturalen Miniatur-Nachbauten seiner Entwuerfe integriert sind. Interdisziplinaritaet ist nicht die Harmonie der Disziplinen, sondern ermoeglicht Widersprueche, Gegensaetze und kritischen Dialog.

Liu Sola, durch ihre Romane Kultfigur fuer ganze Generationen von Chinesen, hat eine neue musikalische Ausdrucksform entwickelt, deren Entstehungsprozess in der Ausstellung visualisiert wird: auf Faechern gezeichnete Partituren, Noten und Notenblaetter, die eher wie geometrische Zeichnungen oder Skulpturen aussehen. Gestrickte Strumpfhosen und Baby-Strampler als Raumskulpturen hat der Modedesigner Wang Yiyang neben seiner >Street Collection< mitgebracht. Er gehoert zu den Kult-Stars der Modeszene in China und besitzt einen Laden in Shanghai, der laengst ein Mekka fuer Modefans geworden ist. Probieren Sie doch mal den luxurioesen grauen, ueberdimensionalen Schal mit den zwei grossen goldenen Handschuh-Taschen an den Enden an, denn Anfassen und Anprobieren ist unbedingt erlaubt. >Bitte keine Beruehrungsaengste!< scheint der unsichtbare Leitgedanke dieser Ausstellung zu sein, denn der mutige Ansatz fuer experimentellen Ideenaustausch der unterschiedlichen Disziplinen, Kulturen, Generationen und letztlich auch Individuen ist eine Herausforderung an uns alle.

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