Bitte das Hirn einmal mit Kernseife auswaschen

Im Nachhinein kam ein bisschen Festivalstimmung bei mir auf. Letzten Freitag: Spaetvorstellung von Til Schweigers neuem Film “Inglourious Basterds”. Aufgeputscht von Cola und Kaesekuchen, zweieinhalb Stunden Traenen gelacht. Spaet in der Nacht noch ins Alt-Berlin gehuscht, um von jungen fuelligen Damen Berliner Pilsener serviert zu bekommen und am Zigaretten-Qualm erstickend ueber den Film zu palavern. Erhellend war das nicht [zweihundert Mal >Der Baerrenjude ist kein Golem!< gebruellt]. Immerhin erst um vier Uhr im Bett gewesen. So stelle ich mir das Leben der Filmkritiker in Cannes auch vor! Am naechsten Morgen dann: Katerstimmung.

Wenn ich wirklich in Cannes gewesen waere, haette ich in der Nacht noch ein paar sinnlose Zeilen in den Computer gehackt, ueber das Zitatekino von Tarantino und hin und her, noch ein paar Saetze aus Wikipedia dazu, fertig sind die Feuilleton-Fettuccine [waere das hier YouTube und ich Shane Dawson, wuerde ich jetzt fett in die Kamera grinsen und neben mir wuerde ein Text aufpoppen: >Five Stars for Feuilleton-Fettuccine!<]. Wir sind hier aber nicht bei YouTube, nein wir sind inzwischen am >Tag der deutschen Einheit< angekommen. Wieder rein ins Cinema, wieder ein Film, der auch in Cannes lief und der in ein paar Jahren vielleicht DER deutsche Einheitsfilm ist und am 3.Oktober auf allen dritten Programmen laeuft, so wie >Dinner for One< am Valentinstag. Die Rede ist von >Das weisse Band<, dem neuen Haneke-Streifen, der Vorpremiere in der Akademie der Kuenste feierte. Versuchte im Vorfeld verschiedenen Freunden den Film schmackhaft zu machen - ohne Erfolg [Argumente wie: >vom selben Typen, der auch ‘Die Klavierspielerin’ gemacht hat<, entlockten meinen Freunden nur angewiderte Blicke.] Ich sage zum Film nur so viel: Sehr irritierend, so wie es der anwesende Regisseur in Aussicht gestellt hatte. Danach mit dem Fahrrad nach Hause, auf dem Weg eine seltsame Begegnung: An der Mauergedenkstaette Bernauer Strasse steht eine riesige, fluesternde Menschentraube. Ich naehere mich an: Sie beten! Zu Gott! Fahre schnell weiter, einfach zu >irritierend< nach dem zuviel-glaube-ist-echt-nicht-gut-und-macht-aus-deinen-kindern-irgendwann-waschechte-nazis-film. Ok.

3 Kommentare zu “Bitte das Hirn einmal mit Kernseife auswaschen

  1. So toll ich Tarantinos (!!!) neuen Film auch finde, da waren bestimmt dreißig Minuten dabei, in denen ich nicht gelacht habe. Ich weigere mich immer noch zu glauben, dass Landa eine ‘amüsante’ oder gar ‘sympathische’ Person ist.

  2. Ah, wunderbar, eine Reaktion provoziiert!
    Bei Landas Auftritten hatte ich einfach nur Angst (kann ein Mensch soetwas wirklich einfach “spielen”?) – aber ich musste noch von so vielen Stellen von davor lachen, dass ich mit dem Angst haben nicht hinterher kam. Oder so.

  3. Nach allem was ihr so schreibt, muß ich mir den Film wohl noch ansehen, obwohl ich nach wie vor recht zwiespältig eingestellt bin, wie selten bei nem Tarantino Film! Und das sicher nicht aus moralin-saurer Haltung…fürchte nur nicht so sehr zu lachen…werde umgehend berichten…

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