Bildungsaktivismus: Was kann kulturelle Bildung von der digitalen Kultur lernen?

Bei den Stichworten “Kreativität” und “Internet” endet die Assoziationskette oft bei: “Urheberrechtsverletzung” oder “Diebstahl von geistigem Eigentum”. Leider wird sehr selten danach gefragt, welches Potenzial die digitale Kultur für kreative Schaffensprozesse bereithält. Auch der Bereich der kulturellen Bildung, jener Bildungssektor, der sich die Vermittlung von Kunst und Kultur auf die Fahnen geschrieben hat, stellt diese Frage nicht: Was kann kulturelle Bildung von der digitalen Kultur lernen?

Die vierte Sitzung des Seminars Bildungsaktivismus drehte sich um genau diese Frage. Um sich dem Thema anzunähern, erinnerte Gastdozent David Pachali an die Wurzeln gebräuchlicher Begriffe wie Kreativität, Autorschaft und Urheberrecht. Was genau sind eigentlich “kreative Schaffensprozesse“?

Grundsätzliches: Kreativität und Urheberrecht

Kreativität leitet sich vom lateinischen creare ab, was soviel bedeutet wie “aus etwas Gegebenes etwas Neues schöpfen“. Bis zum Mittelalter war jede individuelle schöpferische Kraft eines Menschen Gottes Werk. Erst im Sturm und Drang bildete sich um den Begriff des Genies der autonome, kreative Autor heraus, der sich im 19. und 20. Jahrhundert durchsetzt.

Im Kern verändert sich der schöpferische Akt durch die Digitalisierung nicht. Generell entsteht beispielsweise ein Text, ein Film oder eine Komposition zuallererst im Kopf. Dann aber verändert sich der Prozess.

Das Internet bietet nun ein neues Spielfeld im Bereich der Publikation und Distribution von Kulturgut. Die Vorteile liegen auf der Hand: unmittelbar und kostengünstig. Die Nachteile: Ständig geraten Urheber, Nutzer und Verwerter aneinander.

Ein Modell für die Lizenzierung von Kulturgütern im Netzzeitalter ist Creative Commons (CC). Die Non-Profit Organisation bietet dem Urheber in Form von Lizenzverträgen Hilfestellung bei der Veröffentlichung und Verbreitung seiner Medieninhalte.

Richard Stallman hat die Entwicklung der Creative Commons vor allem im Softwarebereich vorangebracht. Von ihm stammt folgendes Zitat, das die die so genannte „Umsonstkultur des Internets“ differenziert darstellt: “Free as in free speech, not as in free beer.“

Eine neue Kultur des Teilens

Kunst und Kultur als frei zugängliches Gut zu denken, ist wohl etwas, was die kulturelle Bildung von der digitalen Kultur lernen könnte. Eine “neue Kultur des Teilens“ (Markus Beckedahl, netzpolitik.org) befriedigt bereits ihre Bedürfnisse durch Filesharing.

Bleibt die Frage: Wie überleben diejenigen, die Kulturgüter schaffen und sie im Netz verbreiten? Diesbezüglich braucht es eindeutig kreative Modelle für die Veröffentlichung und Refinanzierung von Kunst und Kultur.

4 Kommentare zu “Bildungsaktivismus: Was kann kulturelle Bildung von der digitalen Kultur lernen?

  1. Interessante Frage: Hattet ihr denn noch mehr Antworten, als die, die im letzten Absatz genannt wird?

  2. M.E. dürfte sich kulturelle Kreativität zunehmend mit Ökonomie und Politik verbinden und von daher ihre finanzielle Grundlage bekommen. Die Prozesse laufen bereits. Hier stellt sich dann die Frage, wie weit sich der Künstler/Schöpfer kaufen lässt oder es schafft, seine autonome Potenz zum Marktwert zu machen. Das Internet ist dabei wohl nur eines der Mittel, dessen er sich bedienen kann.

  3. @bruno: das klingt nach einem lob der creative industries… doch sind es nicht gerade diese “prozesse”, die die kreativen zu sklaven machen?

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