Belfast? Belle Facade? Belfas!

Es ist wie mit dem Pullover, den man von einer ahnungslosen Tante geschenkt bekommt: In den ersten Wochen findet man ihn geschmacklos und bizarr, nach drei Jahren zieht man von Geschaeft zu Geschaeft, um genau diesen Pullover wieder zu kaufen weil man ihn inzwischen so sehr liebt. Dieser Pullover ist Berlin: Wer lange Zeit in dieser Stadt lebt und jeden Tag durch ihre Strassen geht, verliert jeden Massstab fuer Haesslichkeit, Zerrissenheit und Zerstoerung. Irgendwann findet man: Berlin ist schoen. Die Unvollkommenheit Berlins bemerkt nur, wer laengere Zeit in einer anderen Stadt oder in einem anderen Land war. Bei der Rueckkehr ist man verstoert, entsetzt, voller Mitleid.

Diese Erfahrung: dass das Stadtbild Berlins sehr unvollkommen ist und das sichere Gefuehl, dass sich an diesem Zustand in den naechsten hundert Jahren nichts grundlegend aendern wird, haben in diesem Jahr zur Gruendung des Bauunternehmens Belfas gefuehrt. Belfas steht fuer >Belle Facade< und produziert und vertreibt Fassaden-Elemente, die eine preisguenstige und effektive Verschalung aller Typen von Fassaden ermoeglichen. Mit Hilfe dieser Fassaden-Elemente koennte man einer durch Zerstoerung und missgluecktem Wiederaufbau entstellten Stadt wie Berlin sehr schnell und preisguenstig zu einem ebenso geschlossenen Stadtbild wie Paris verhelfen. Belfas verwirklicht bei geringem Aufwand die Vision einer in sich geschlossenen Idealstadt. Bauluecken werden geschlossen, Stilbrueche werden ausgeglichen, die Bausubstanz bleibt dennoch palimpsestartig erhalten. Das Konzept der offenen Stadt [Koolhaas] geht ueber in das einer in sich vollendeten, geschlossenen Stadt. Gleichzeitig wuerde Belfas saemtliche Architekturdebatten ueberfluessig machen, die derzeit in Berlin oder weltweit gefuehrt werden: Es spielt keine Rolle mehr, in welcher Form der Schlossplatz neu gestaltet werden wird, ob Patzschkes Machwerke oder auch Kollhoffs Villa Gerl abgeschmackte Rueckfaelle in Historismus und Traditionalismus sind, ob Gehrys Artischocken-Gebaeude, die jetzt in fast jeder mittelgrossen deutschen Industriestadt errichtet werden, vielleicht nur alterstarrsinnige Reproduktionen einer originellen Idee sind, wenn all diese Gebaeude hinter Belfas-Fassaden verschwunden sind. Neben der gesparten Zeit und Energie, die das Wegfallen langer Debatten bedeutet, waere uebrigens auch der Kosten-Faktor zu nennen: In einer einfachen Material-Ausfuehrung waere es moeglich, zu Kosten von ca. 10 Milliarden Euro saemtliche Fassaden Berlins innerhalb von drei Jahren mit Belfas-Fassaden zu versehen. Unvostellbar, welche Kosten dagegen ein kompletter Abriss und Neuaufbau Berlins aufwerfen wuerde. Ist die Vision einer komplett verschalten Stadt aber ueberhaupt realisierbar? Beispielhaft wurde in diesem Sommer die Fassade des Moebelhauses Moebel Horzon mit Belfas-Elementen verschalt, mit ueberragendem Ergebnis. Das System hat seine Moeglichkeiten eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Wir stellen uns also vor: Jeder Strassenzug Berlins eine glatte, monochrome Flaeche aus der nur die Fenster und Tueren herausgenommen sind: Eine sehr beruhigende Vorstellung. Vielleicht aber auch etwas monoton. Doch es waere ja moeglich, diese riesigen Flaechen mit riesigen Motiven aufzulockern: Mit Tierkindern, Blumenlandschaften, Bergpanoramen, Sinnspruechen, Motiven also, die alle Menschen gleichermassen begeistern. Und es koennte noch weiter gedacht werden: Die Fassaden-Elemente koennten durch gewaltige Plasma-Monitore ersetzt werden, auf denen je nach Jahreszeit Segel-Regatten [Sommer] oder Schlittenpartien [Winter] gezeigt werden. Filme ueber fremde Laender koennten ganz Berlin in ein exotisches Paradies verwandeln. Kleine Kinder mit zu grossen Zaehnen und verweinten Augen, die auf diese Monitore starren und sich fragen, womit sie dieses Glueck verdient haben: Diese Vorstellung rechtfertigt jedes Mittel, um die Vision von Belfas endlich Wirklichkeit werden zu lassen.

Ein Kommentar zu “Belfast? Belle Facade? Belfas!

  1. ist das ernst oder ist es ein Schreibfehler – Belfarce passt eher ….
    PS – großer Schmerz an Netzhaut und Hirn

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