Armutsbekaempfung in Kambodscha

Kambodscha ist ein Land, das die Folgen der Khmer Rouge-Herrschaft und des jahrzehntelangen Buergerkrieges noch immer nicht ueberwunden hat. Der Kampf gegen bittere Armut ist deshalb eine der groessten Herausforderungen. Die Aus- und Fortbildung von Menschen ist nach wie vor die entscheidende Voraussetzung dafuer, diesen Kampf mittelfristig erfolgreich zu fuehren. Bekaempfung von Armut durch Bildung ermoeglicht es darueber hinaus die Voraussetzungen zu schaffen, den begonnenen, aber sehr bedrohten Demokratisierungsprozess fortzufuehren und Weichen fuer eine sozial gerechte und oekologisch nachhaltige Entwicklung zu stellen.

Die Heinrich-Boell-Stiftung ist in Kambodscha seit 1993 mit einem Laenderbuero vertreten [3]. Ihre Arbeit konzentriert sich im Rahmen des Aktionsprogramms 2015 zur Armutsbekaempfung speziell auf Bildungs- und Trainingsprogramme fuer Frauen. Die Stiftung unterstuetzt seit 1996 die Entwicklung eines Netzwerkes einer speziellen Gruppe marginalisierter Frauen, sogenannte Don Chee [vergleichbar mit Nonnen, aber nicht ordiniert und den Moenchen gleichgestellt] im Rahmen der >Association of Nuns and Laywomen of Cambodia< [ANLWC]. Die Assoziation konzentriert sich auf das individuelle und kollektive Empowerment von Donchees und Laien-Buddhistinnen und verfolgt dabei zwei grundlegende Zielsetzungen: Frauen sollen durch eine fundierte Ausbildung in der buddhistischen Lehre als auch in Sozialarbeit die Moeglichkeit bekommen, ihr volles spirituelles und humanitaeres Potential zu entwickeln. Mittelfristig koennen in einer Gesellschaft, in der 90 Prozent der Menschen dem Theravada Buddhismus angehoeren, die positiven Handlungen dieser Frauen auf vielfaeltige Weise zur Entwicklung einer besseren Lebensqualitaet der Menschen beitragen. Die Donchees und Laienfrauen werden in den Bereichen der Buddhistische Soziallehre, Meditation, Organisationsmanagement, Netzwerk- und Sozialarbeit ausgebildet. Moderne Ansaetze zu Konfliktloesung, Friedensarbeit, Trauma-Therapie und Rechtsberatung sowie entsprechende Informationen zu Ursachen und Hintergruenden von familiaerer Gewalt, Menschenhandel und Prostitution, HIV und Strassenkindern werden im Curriculum in Zusammenarbeit mit thematisch spezialisiert arbeitenden lokalen NRO integriert. Die Trainings sind so gestaltet, dass zumindest einige der Teilnehmerinnen in die Lage versetzt werden, nach der Rueckkehr in ihren Gemeinden und Netzwerken andere Frauen zu den jeweiligen Faehigkeiten fortzubilden. Die Hoffnungen auf indirekte Wirkungen fuer mehr Geschlechtergerechtigkeit durch die Bemuehungen der Assoziation liegen vor allem in der naechsten Generation. Die Anerkennung des sozialen Engagements von Don Chee neben den Moenchen kann mittelfristig zu einem Wandel in der Wahrnehmung der Arbeit von Moenchen und Nonnen fuehren, und einige Frauen berichten bereits nach 8 Jahren des Engagements davon, dass sie von den Gemeindemitgliedern in Form von Lebensmittel- und Geldspenden unterstuetzt werden, was bisher ein ausschliessliches Privileg der Maenner war. Bisher galt, dass Dana [die buddhistische Tugend der Gebefreudigkeit] nur zu gutem Karma [das Gute-Taten-Konto des Individuums von dem die Qualitaet der Wiedergeburt abhaengt] fuehrt, wenn die Beschenkten Moenche sind. Mit neuen Pilotprojekten versucht die ANLWC sich verstaerkt auf die Ausbildung junger Maedchen zu konzentrieren. Im Februar 2003 wurde so das Projekt >Promoting Girls in Education and Morality< im Wat Koh Trainingszentrum ins Leben gerufen, um den nun dort mit den Nonnen zusammen lebenden 18 Maedchen aus armen Familienverhaeltnissen eine kombinierte saekulare und buddhistische Ausbildung zu ermoeglichen. Signifikant ist die dabei gegebene Zukunftsperspektive fuer die Begabtesten unter ihnen: momentan studieren vier dieser Maedchen an der mahayana-buddhistischen Fo Guang Shan University in Taiwan, um dort in vier Jahren mit einem Bachelor of Buddhism and Science abzuschliessen. Sie haben dann die Option auf ein Master- oder sogar Doktorstudium. Parallel dazu bestehen Kontakte zu buddhistischen Bildungsinstituten in Thailand, nach Sri Lanka und Burma werden sie gesucht. In Burma bspw. gibt es Schulen fuer buddhistische Nonnen, die in der Theravada-Tradition stehen, welche in Kambodscha traditionell gepflegt wird. Auch wenn es ein langer und kein einfacher Weg ist - die gleichberechtigte Anerkennung der Rolle von Maennern und Frauen in Kambodscha, auch im alle Lebensbereiche durchdringenden buddhistischen Leben, ist ein lohnendes Ziel. Derweil erwerben sich die Don Chees eine gute Reputation durch ihren Beitrag, den sie im Kampf gegen Armut, soziale Verwerfungen und ein geringes Bildungsniveau vor allem auf dem Land leisten. Dabei ist wichtig zu verstehen, dass Donchees, die 8 bis 10 Verhaltensregeln [precepts] verfolgen und Laienfrauen, die ihr Leben mit der Beachtung von fuenf Prinzipien verbinden, ihr Potential als Sozialarbeiterinnen und Beraterinnen nur auf der Basis ihrer spirituellen Entwicklung entfalten koennen. Das Studium des buddhistischen Dhamma und die Ausbildung von Meditationsfaehigkeiten oder anderen Techniken der Stressbewaeltigung und Kontemplation sind inhaerenter Bestandteil des Bildungsprogrammes sowohl fuer die aelteren Don Chee als auch fuer die jungen Maedchen in ihrer Obhut. Ein Dhamma-Grundsatz lautet: >Erst hilf dir selbst, dann kannst du anderen helfen<. Ein weiterer wichtiger Grundsatz des Buddhismus lautet: >Komm und sieh fuer dich selbst!< Eine Aufforderung zum selbstaendigen, kritischen Denken, gegen Manipulation fuer Selbstbestimmtheit. Die Realitaeten in hierarchisch aufgebauten, paternalistisch gepraegten, traditionellen Gesellschaften sind heute noch andere. Das gilt es zu veraendern. Bildung fuer buddhistische Frauen, nicht entfremdet von, sondern empowert in ihrer eigenen Welt sind ein wichtiger Beitrag dafuer zu arbeiten, dass dies anders wird. Die Saat ist gelegt, und es gibt viele Anzeichen dafuer, dass die Ernte gut sein wird. Gesellschaftlicher Wandel aber braucht Zeit, und deshalb benoetigen die Frauen noch fuer einige Zeit Unterstuetzung von aussen.

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