Abendessen mit Skype

Endlose Casting-Shows in den letzten Tagen hier in Neukoelln. Auf der Suche nach einem neuen Mitbewohner, vorzugsweise Mann. Sind nicht anspruchsvoll. Sollte nur moeglichst ruhig sein, Nichtraucher, unattraktiv. Das uebliche halt. Wollen ja nur Frieden, wenn um uns herum schon der Ausnahmezustand herrscht: Leichen verbrannt, Maenner im Park mit Messern attackiert werden und so weiter. Abenteuerlustige Bewerber hatten wir bislang nicht, so zumindest das Zwischenfazit nach gesehenen vier, gefuehlten neun Besuchern.

Lehnt alle Typen ab, die etwas von Skype erzaehlen, meinte M. Die musste es wissen. Seit der Freund aus dem Nachbarland eingezogen ist, gibt es bei ihr nur noch Abendessen mit Skype. Du machst keine Vorstellungen, sagte sie mit einem Anflug von Bitterkeit in der Stimme. Warne daraufhin die Mitbewohnerin, die sich unbeeindruckt zeigt. Lass uns morgen sprechen, okay? P. ist gerade online, und K. und N. auch. Munter haut sie in die Tasten ihres Laptops, mit einer beeindruckenden Geschwindigkeit: Sie kommuniziert ueber Skype mit drei Leuten gleichzeitig. Ich nehme meine Mueslischale und gehe auf den Balkon.

Unten auf der Strasse tobt das Leben. Nachbarn haben einen Grill auf dem Buergersteig aufgebaut, Klappstuehle und einen Kasten Bier geholt, und freuen sich das erste Kotelett dieses Jahres. Ausgelassene Stimmung dort unten, das beruhigt. Ich weiss nicht, was passieren wuerde, wenn ich einfach das Laptop-Kabel fuer zwei drei Wochen verschwinden liesse, ueberlegte Freundin M. Es gäbe wohl erst einmal ein Riesentheater, aber dann? Klingt nach einem Plan.

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